Full text: Deutsche Geschichte (Teil 2)

77. Friedenstätigkeit des Großen Kurfürsten. 251 
Luise Henriette. In seinem Bestreben wurde der Kurfürst aufs beste von 
seiner Gemahlin Luise Henriette, einer Tochter des Prinzen von Oranien, 
unterstützt- Sie zeigte dem Volke, wie es sich selber zu Wohlstand emporarbeiten 
könne. Auf ihren Wunsch erhielt sie den nördlich von Berlin gelegenen Ort 
Bötzow, der später ihr zu Ehren Oranienburg genannt wurde. Hier sollten die 
Märker die Erfolge einer wohlgeordneten Landwirtschaft aus eigener Anschauung 
kennen lernen. Unter Leitung der Kurfürstin entstand in Oranienburg eine Muster- 
Wirtschaft. Auf ihre Veranlassung wurden in der Mark die ersten Kartoffeln 
gepflanzt und Viehzucht nach holländischer Art getrieben. In Oranienburg gründete 
Luise Henriette auch ein Waisenhaus, das noch heute im Segen besteht. 
2. Sorge für Gewerbe und Handel. Eifrig förderte der Kurfürst 
daneben auch Gewerbe und Handel. Fremden Gewerbetreibenden öffnete 
er gern sein Land; die Einwanderung der gewerbfleißigen Hugenotten 
brachte besonderen Nutzen. Die meisten derselben ließen sich in Berlin 
nieder. Durch sie wurde eine ganze Reihe von neuen Erwerbszweigen 
eingeführt, z. B. die Seiden-, Samt- und Strumpfweberei, die Hut- und 
Handschuhmacherei, die Papier- und Lederindustrie, die Goldschmiede- 
und Uhrmacherkunst usw. Der Kurfürst legte auch selbst Fabriken 
an, z. B. Glashütten und Eisenwerke, oder er ermutigte wohlhabende, 
unternehmungslustige Untertanen, mit Hilfe und unter dem Schutze des 
Staates solche Fabriken zu begründen. Die Zahl der Handwerker 
vermehrte er, indem er allen Einwohnern das Erlernen eines Handwerks 
freistellte. Bisher waren z. B. die Söhne von Schäfern, Nachtwächtern 
und wendischen Bewohnern davon ausgeschlossen gewesen. Zugleich 
aber schützte er das heimische Gewerbe durch Aus- und Einfuhr- 
Verbote, wie das damals in den meisten Staaten Europas Brauch 
war. Durch die Ausfuhrverbote wurden die Rohstoffe, die die heimische 
Industrie verarbeitete, z. B. Flachs, Wolle u. a. im Lande zurück- 
gehalten. Die Einfuhrverbote aber schützten die junge Industrie vor 
der auswärtigen Konkurrenz, indem sie die Untertanen nötigten, ein- 
heimische Waren zu kaufen und fo die Industrie der Heimat zu unter- 
stützen; oder aber, er legte so hohe Zölle auf fremde Waren, daß 
sie wegen der Verteuerung den Weg ins Land so leicht nicht fanden 
(Schutzzölle). Zur Förderung des Handels ließ der Kurfürst 
Straßen und Kanäle bauen. So verband er Oder und Spree durch 
den Friedrich Wilhelms-Kanal, der den Handel von Schlesien nach 
Hamburg über Berlin leitete. Eine eigene, zuverlässige Postver- 
bindnng von Memel bis Cleve verband die weit auseinanderliegenden 
Landesteile zum Ganzen, hob den Verkehr und brachte bald 20000 
Taler ein. Aber seine Länder sollten auch am überseeischen Handel, d. h. 
am Welthandel teilnehmen. Er errichtete deshalb eine afrikanische 
Handelsgesellschaft in Königsberg, verlegte jedoch ihren Sitz 
später nach Emden in Ostfriesland, wo ihm das Besatzungsrecht zu- 
gefallen war. Ja, er schuf auch eine kleine Kriegsflotte, wobei der 
Holländer Benjamin Raule sein Berater war. Sie zeichnete sich 
zuerst aus bei der Eroberung Rügens im Kriege gegen die Schweden. 
Dann lief die junge brandenburgische Kriegsflotte aus gegen die 
Spanier, die dem Kurfürsten die Zahlung einer großen Geldschuld ver- 
weigerten; nachdem sie bei Kap S. Vicente an der Südwestecke
	        
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