Full text: Geschichte der Neuzeit (H. 3)

Kaiser Wilhelm II. 
147 
Zu dieser Feier waren sämtliche Fürsten der deutschen Staaten und 
die Bürgermeister der Freien Reichsstädte erschienen. Auf dem Throne 
stehend, umgeben von den Fürsten und Großen des Reiches, verlas der 
Kaiser die Eröffnungsrede, in der er erklärte, daß er die Neichsverfassung 
wahren, für die arbeitende Bevölkerung sorgen, an dem Bündnisse mit 
Österreich-Ungarn und Italien in deutscher Treue festhalten und die seit 
hundert Jahren bestehenden freundschaftlichen Beziehungen zu Rußland 
weiter pflegen, daß er, soviel an ihm liege, Frieden mit allen aus- 
wärtigen Staaten halten wolle. 
Eröffnung des preußischen Landtages. Am 27. Juni 1888 (£rbbffe"un0 
eröffnete König Wilhelm gleichfalls in feierlicher Weise den Landtag der Landtages. 
Preußischen Monarchie und leistete dabei den Eid auf die Verfassung des 
Königreichs. In der Eröffnungsrede sagte er: „In bewegter Zeit habe 
Ich die Pflichten Meines königlichen Amtes übernommen, aber Ich trete 
an die Mir nach Gottes Fügung gestellte Aufgabe mit der Zuversicht 
des Pflichtgefühls heran und halte Mir dabei das Wort des großen 
Friedrich gegenwärtig, daß in Preußen der König des Staates erster 
Diener ist." 
Alles bekundete die Absicht des jungen Kaisers, ein starker, aber 
friedliebender Herrscher zu sein. 
Den gleichen Zweck der Erhaltung des Friedens hatten die Besuche, ^^igen 
die der Kaiser kurz nach seiner Thronbesteigung den fremden Höfen ab- Höfen, 
stattete. Sein erster Besuch galt Rußland. Hieran schloß sich die Reise 
zu den Königen von Schweden und Dänemark. Später besuchte er 
auch England, den König von Griechenland und den Sultan, den 
Herrscher der Türken. Zur Befestigung des Dreibundes dienten die Besuche 
des Kaisers von Österreich und des Königs von Italien. Auch das 
Oberhaupt der katholischen Kirche, Papst Leo XIII., besuchte er und zeigte 
dadurch, daß er den kirchlichen Frieden der einzelnen Bekenntnisse erhalten 
wissen wolle. 
5. Äußere Politik. Fürst Bismarck blieb zunächst der Kanzler des Reichskanzler 
Reiches. Dann aber entstanden tiefgehende Meinungsverschiedenheiten 3BilU^II 
zwischen dem Kaiser und Bismarck. Am 20. März 1890 erhielt der erste 
Reichskanzler des Deutschen Reiches seine Entlassung. Er zog sich in 
das Schloß Friedrichsruh im Sachsenwalde zurück, wandte aber als 
getreuer -Eckart allen nationalen Fragen seine Aufmerksamkeit zu uud sprach 
als scharfer Beobachter und Kritiker seine Meinung öffentlich aus. Lange 
Zeit hindurch herrschte eine unverkennbare Spannung zwischen ihm und 
dem Kaiser. Wilhelm II. tat den ersten Schritt zur Annäherung, als 
Fürst Bismarck in Kissingen schwerkrank daniederlag, durch eine in herz- 
lichem Ton gehaltene Depesche. Am Geburtstage des Kaisers im Jahre 
1894 erschien dann der Altreichskanzler im Königlichen Schlosse zu Berlin, 
und am 1. April 1895 konnte er unter ganz besondern Ehrungen des 
10*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.