Full text: Lehrbuch der deutschen Geschichte

226 §• 95. Die neuere deutsche Geschichte. VII. Penode, 1806—1874. 
wurde der Belagerungszustand verhängt und der Abgeordnete des dent- 
schen Parlaments Robert Blum, ein Hauptführer der cidifeilen, 
zum abschreckenden Beispiele standrechtlich erschossen (9. Nov. 1848)! 
Ferdinand I. entsagte dem Throne zu Gunsten seines Neffen Fran; 
2. (dc^- 18- Aug. 1830), eines Sohnes des Erzherzogs Franz 
'.Kai- Karl und der bayerischen Prinzessin Sophie, Schwester des Königs 
ft«reiche~ Ludwig I. Unter dem Ministerium Schwarzenberg wurde dann 
der seit der Einnahme Wiens in dem mährischen Städtchen Krem- 
sier tagende Reichstag ausgelöst, in. einer centralisirenden V er- 
sassnng (4. März 1849) die Gleichberechtigung aller Kronländer 
durchgeführt und im Vergleich mit früheren Zuständen vielfache Frei- 
heilen gewährt, sowie Reformen in allen Gebieten des kirchlichen, staat- 
lichen und bürgerlichen Lebens in Aussicht genommen. 
In Ungarn, wo sich die Bevölkerung 1848 gleichfalls wider 
Oesterreich erhob, den kaiserlichen Commissär Lamberg ans der Pesther 
Brücke grausam ermordete (3. Okt. 1848) und den neuen Kaiser nicht 
anerkannte, wahrend die Kroaten unter Zell ach ich zu Oesterreich stan- 
den, wurde zwar Pesch und Ofen durch Wmdifchgrätz und Jellachich 
eingenommen (5. Jan. 1849); aber der ungarische General Görgey 
eroberte Pesth-Ofeu wieder, worauf Ungarn unter dem Dictator Kos- 
snth sich als Republik erklärte (April 1849). Erst durch den har¬ 
ten Feldmarschall Haynan und mit Hilfe der Russen, vor denen 
Görgey, der Nachfolger Kofsuth's in der Dietatnr, am 13. August 
1849 bei Vilagos (im Osten der Theiß) die Waffen streckte, wurde 
Ungarn den Oesterreichern wieder unterworfen. 
In der Lombardei und in Venedig unterstützte Karl Albert, 
König von Sardinien, die Insurgenten gegen Oesterreich, wurde aber 
durch den greisen Feldmarschall Radetzky in den Schlachten bei Cn- 
stozza am Mincio (25. Juli 1848) und bei Notiärci (23. März 
1849) besiegt uud zum Frieden gezwungen, worauf er zu Gunsten sei¬ 
nes Sohnes Victor Emannel II. der Krone entsagte. 
3. Auch nach Preußen wälzte sich der Strom der Revolution. 
Wohl verhieß König Friedrich Wilhelm IV. am 17. März 1848 
eine constitutione Verfassung und verbürgte sich für eine gründliche 
Reform^des deutschen Bundes; aber an demselben Tage kam es in 
1848 Berliu zum Straßenkampfe. Der König willigte schließlich in 
R^ol.uion w Entfernung des Militärs der Hauptstadt uud vertraute den Schutz 
Berlin, ber Stadt einer Bürgerwehr an, ja er erklärte in einer Proklamation 
vom 21. März, selbst als constitutioneller König an die Spitze eines freien 
und einigen Deutschlands treten zu wollen. Aber die demokratischen 
Elemente behielten die Oberhand; die auf Grund eines neuen Wahl¬ 
gesetzes zusammenberufene, constituirende preußische Rationalver- 
sammlnng wurde wegen beständiger Volkstumulte aus der Haupt- 
stadt uach Brandenburg verlegt uud bald nachher (5. Dezbr.) ausge- 
löst. Inzwischen hatte General Wrangel ohne Kampf die Haupt-
	        
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