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Roms Entwicklung zur Herrin der Mittelmeerländer.
Mörder auf, daß die Häupter der Verschwornen, ihres Lebens nicht mehr
sicher, aus Rom flohen und zwar Brutus nach Mazedonien, Cassius nach
Syrien. Dort rüsteten sie Truppen.
Nun glaubte Antonius in Rom Herr zu sein. Bald aber trat ihm
ein Gegner in den Weg, nämlich der Großneffe Casars, Octavius. Er
war von Cäsar an Kindes Statt angenommen und im Testament zum
Erben eingesetzt worden. Deshalb nannte er sich Julius Cäsar
Octaviauus und betrachtete sich jetzt als den Nachfolger seines Groß-
oheims. Neben außergewöhnlicher Klugheit besaß Octavian Vorsicht,
Selbstbeherrschung und eine unübertreffliche Menschenkenntnis. In
kurzer Zeit wußte er zahlreiche ehemalige Soldaten Cäsars zu gewinnen
und brachte bald ein bedeutendes Heer zusammen.
Als Antonius merkte, wie mächtig Octavian wurde, verbündete er
sich mit ihm zur gemeinsamen Bekämpfung der Mörder Cäsars. Beide
nahmen noch einen weiteren Unterfeldherrn Cäsars, namens Lepidus,
43 als Dritten in ihren Bund auf und schloffen das zweite Triumvirat.
Durch Proskriptionen räumten sie ihre wichtigsten Gegner, unter
ihnen den berühmten Redner Cicero, aus dem Wege. Dann setzten
Octavian und Antonius nach Mazedonien über, wo sich inzwischen Brutus
42 und Cassius vereinigt hatten. Bei Philipps) wurde das republikanische
Heer vollständig geschlagen; Cassius und Brutus töteten sich selbst. Die
Sieger teilten nun das Reich in der Weise, daß Antonius den Osten, Oc-
tavian Italien und den Westen erhielt. Lepidns bekam Afrika, trat es
jedoch bald an Octavian ab.
b) Ter Entscheidungskampf zwischen Octavian und Antonius.
Antonius bekämpfte zunächst die Parther, vermählte sich aber dann
in Alexandria mit der Königin Kleopatra und führte ein üppiges
und verschwenderisches Leben. Als er schließlich ganze Provinzen des
römischen Reiches an die Kinder der Kleopatra verschenkte, erklärte ihm
der römische Senat auf Betreiben Octavians den Krieg.
31 Am Vorgebirge Actium (in Akarnanien; vgl. S. 16) trafen die beider¬
seitigen Heere und Flotten aufeinander. Noch ehe eine Entscheidung
gefallen war, entfloh Kleopatra und Antonius folgte ihr. Auf das hin
traten Heer und Flotte des.Antonius zu Octavian über. Dieser zog
30 nun nach Asien und führte seine Truppen durch Syrien nach Ägypten.
Hier tötete sich Antonius nach unglücklichem Kampfe selbst; Kleopatra
folgte seinem Beispiel und gab sich ebenfalls den Tod (angeblich durch
den Biß einer giftigen Schlange). Ägypten wurde dem römischen Reiche
1) Kurz vorher soll der Geist Cäsars dem Brutus nachts erschienen sein und
ihm ein „Wiedersehen bei Philippi" prophezeit haben.