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Tore sprengen und fand eine menschenleere Stadl. Am nächsten Tage
brach Feuer aus. Bald fehlte es den Soldaten an Brot und Obdach.
Napoleon bot selbst den Frieden an, aber vergebens. Da entschloß er
sich zum Rückzüge. Es trat aber eine empfindliche Kälte ein. Nirgend^
fanden die Franzosen Nahrung und Unterkommen. Da verließ Napoleon
das Heer und eilte in einem Schlitten über Wilna und Dresden nach
Paris zurück. Die Franzosen wurden von den nachrückenden Kosaken
verfolgt. Beim Übergang über die Berefina, einen Nebenfluß des
Dnjepr, fanden Diele in den Wellen den Tod. Halb erfroren und in
elende Lumpen gehüllt, erreichten nur wenige die deutsche Grenze. Sie
maren nicht zu sättigen. Das Volk meinte, Gott habe sie mit ewigem
Hunger gestrast, weil sie einst das Brot verachtet hatten.
7) Preußens Vorbereitung zum Kampfe. Der Untergang des
französischen Heeres auf den Schneefeldern Rußlands war für die
Völker das Zeichen, sich von Napoleon frei zu machen. Der preußische
General York gab den ersten Anstoß zu den Freiheitskämpfen. Er
stand damals mit einem Heere, das den Franzosen gegen Rußland
Hilfe leisten sollte, in Ostpreußen und fchloß jetzt mit den Russen
einen Freundschaftsvertrag. Der König Friedrich Wilhelm III., der
tn Berlin von Franzofen beobachtet wurde, war über den General
sehr erzürnt) ja, er befahl, ihn vor ein Kriegsgericht zustellen. Aber
der Brief des Königs stet den Russen in die Hände, die ihn nicht
weiter ließen. Unterdes siedelte der König nach Breslau über. Hier
sammelten sich um ihn tüchtige Männer, wie Blücher und Scharnhorst,
die ihn zum Freiheitskampfe ermunterten. Am 3. Februar 1813
erschien ein Aufruf des Königs zur Bildung von Freischaren. Er
erweckte eine ungeheure Begeisterung. Bon allen Seiten strömten
freiwillige Soldaten herbei, aus Berlin allein 9000. Die oberen
Klassen der höheren Schulen, die Werkstätten und Schreibstuben ver¬
ödeten) ja auch Jungfrauen wurden Soldaten. Der König wollte
noch nicht recht an die allgemeine Opferwilligkeit glauben. Als er
aber eines Tages in Breslau sah, wie 80 Wagen freiwilliger Krieger
ankamen, sagte Scharnhorst zu ihm: „Glauben Majestät nun an den
Eiser und die Begeisterung des Volkes?" Da brach der König in
Tränen aus. Wer nicht kämpfen konnte, gab Geld oder wertvolle
Gegenstände, um Krieger auszurüsten. Auch in Breslau ivar eine
Sammelftube. Da brachten Kinder ihre Sparbüchsen, ausgediente
Soldaten gaben ihre Pistolen nnd Säbel, Eheleute schenkten ihre
goldenen Trauringe und erhielten dafür eiserne mit der Inschrift:
„Gold gab ich für Eisen," und das Edelfränlein Ferdinande von
Schmettow brachte ihr schönes langes Haar, das sie sich abgeschnitten
hatte/ man löste daraus 30 Mark. Am 17. März erließ der König
einen Aufruf an sein Volk. Darin fagte er: „Es gibt keinen anderen
Ausweg, als einen ehrenvollen Frieden oder einen ruhmvollen Unter-
gang. Wir dürfen aber mit Zuversicht hoffeu, daß Gott und unser
fester Wille unserer gerechten Sache den Sieg verleihen werden."
Am 10. März, dem Geburtstage der Königin Luise, hatte der König