Full text: Vom Dreißigjährigen Krieg bis zur Gegenwart (Teil 2)

Ob Kaiser Matthias die Empörer bestrafen wird? 
3. Der Abfall der Böhmen. Am nächsten Tage bereits wurden 
die Statthalter des Kaisers Vertrieben und dreißig Edelleute mit der 
Verwaltung des Landes betraut. Die Beamten wurden in Eid und 
Pflicht genommen und die Jesuiten verjagt. Unter dem Oberbefehle des 
Grafen Thurn aber wurde ein Kriegsheer ausgerüstet, um für alle mögliche» 
Fülle vorbereitet zu sein. Die Direktoren aber verfaßten eine Recht- 
fertiguugsschrift, die böhmische Apologie, in welcher sie ihr Vorgehen ver- 
teidigten. Diese Schrift sandten sie mit einem Begleitschreiben an den 
Kaiser und an die Kurfürsten. Sie erhielten auch jetzt eine ungnädige 
Antwort. Der Kaiser forderte die Böhmen auf, die neue Regierung auf- 
zulösen und das geworbene Kriegsheer zu entlassen, wo nicht, so würde 
ein kaiserliches Heer in Böhmen einrücken und sie zum Gehorsam zwingen. 
Die Böhmen wurden dadurch noch mehr erbittert. Sie sahen sich jetzt 
nach Hilfe um und fanden Unterstützung bei dem Grafen Ernst v. Mans- 
seld, der mit einem kleinen Heere den bedrängten Böhmen zu Hilfe eilte. 
Auch Bethleu Gabor, der Fürst von Siebenbürgen, sagte Hilfe zu. Die 
Protestanten Mährens. Österreichs und Schlesiens schlössen sich den Böhmen 
an. Da starb Kaiser Matthias, und König Ferdinand bestieg den Thron. 
An eine Aussöhnung war nicht mehr zu denken; der Krieg mußte ent- 
scheiden. Das Glück neigte sich den Böhmen zu. Mit Hilfe des Grafeu 
Mansfeld und des Fürsten Bethlen Gabor gelang es den Böhmen, die 
kaiserlichen Truppen zurückzuschlagen, und binnen kurzer Zeit standen 
Thurn und Bethlen Gabor vor Wiens Thoren. Eine Deputation pro- 
testantischer Ständemitglieder drang in die Wiener Hofburg und suchte den 
König Ferdinand zur Bewilligung ihrer Forderungen zu zwingen. Doch 
er blieb standhaft, und die unerwartete Ankunft einiger kaiserlicher Reiter 
befreite ihn aus seiner gefährlichen Lage. Graf Thurn konnte Wien 
nicht erobern; er mußte zur Deckung Böhmens abrücken. Nun schlössen 
sämtliche Länder der Wenzelskrone ein Bündnis und gaben sich eine 
neue Verfassung. Sie erklärten sich für ein Wahlreich. Am 19. August 
1619 wurde König Ferdinand als ein „Erbfeind der Gewissensfreiheit" und 
„Sklave der Jesuiten" abgesetzt, und am 26. August wurde der junge Kur- 
fürst Friedrich V. von der Pfalz zum König von Böhmen gewählt. 
Sachliche Vertiefung: Wie suchten die böhmischen Pro- 
testanten zu ihrem Rechte zu gelangen? Sie vertrieben die Statt- 
Halter und die verhaßten Jesuiten, setzten protestantische Direktoren ein 
und übertrugen diesen die Verwaltung des Landes. Diese wandten sich 
an den Kaiser und suchten in einer besonderen Schrift ihr Vorgehen zu 
rechtfertigen usw. — Warum wandten sie sich an den Kaiser? Sie 
hofften durch die Verteidigungsschrift den Kaiser Matthias zur Nach- 
gieoigkeit zu bewegen und so auf dem Wege der Unterhandlung ihr Ziel 
zu erreichen; denn sie wußten sehr wohl, daß Kaiser Matthias zum Nach- 
geben bereit war. — Wie kam es, daß diese Hoffnungen sich nicht 
erfüllten? Der Kaiser gab wieder eine ungnädige Antwort, wies die 
böhmischen Protestanten schroff ab und drohte, durch Kriegsgewalt sie 
zum Gehorsam zu zwingen. Diese harte Antwort hatte der Kaiser auf 
den Rat seines Vetters Ferdinand erteilt. Was hatte diese Enttäuschung 
zur Folge? Die Erbitterung der Böhmen stieg immer höher; die
	        
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