Full text: Vom Dreißigjährigen Krieg bis zur Gegenwart (Teil 2)

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4. Die Niederlage der Böhmen und des Kaisers Straf- 
gericht. Könia Ferdinand, der kurze Zeit nach dem Abfall der Böhmen 
zum deutschen Kaiser gewählt worden war, setzte alles daran, seine der- 
lorenen Erbländer wiederzugewinnen. Deshalb schloß er mit seinem 
Jugendfreunde Maximilian von Bayern und mit dem König von Spanien 
ein Bündnis. Schnell rückte das kaiserliche Heer, das durch die Truppen 
der Liga verstärkt worden war, unter der Führung Maximilians von 
Bayern und seines Feldherrn Tilly in Böhmen ein. Ohne Widerstand 
zu leisten, zog sich Friedrichs V. Heer bis unter die Mauern Prags 
zurück. Hier kam es am 8. November 1620 zur Entscheidungsschlacht. 
Es war an einem Sonntage; der Kurfürst war tags zuvor nach Prag 
zurückgekehrt, um der Ruhe besser pflegen zu können. Während er an 
reichbesetzter Mittagstafel schmauste, wurde sein Heer nach kaum ein- 
stündigem Kampfe in die Flucht geschlagen. Da keine Vorbereitungen 
zur Verteidigung der Stadt getroffen worden waren, so mußte Friedrich V. 
sich durch die Flucht zu retten suchen. Noch in derselben Nacht floh 
derselbe mit Weib und Kind nach Schlesien und von da aus über Berliu 
nach den Niederlanden. Mit ihm verließen zahlreiche Offiziere und 
Beamte die Stadt Prag und das Böhmerland. Wenig Stunden nach 
des Königs Flucht wurde die Stadt von den Kaiserlichen erobert. 
Sachliche Vertiefung'. Warum schloß der Kaiser Ferdinand 
gerade mit dem Herzog von Bayern und mit dem König von 
Spanien ein Bündnis. Der Herzog von Bayern war das Oberhaupt 
der katholischen Liga; mit der Freundschaft und Unterstützung Maximilians 
erhielt der Kaiser auch gleichzeitig die Hilfe der Liga." Mit Hilfe dieser 
konnte er den böhmischen Aufstand leicht unterdrücken. Der König von 
Spanien hatte Truppen in den Niederlanden stehen; diese konnten leicht 
in der Pfalz einrücken und den Kurfürsten in seinem eigenen Lande hart 
bedrängen. Dazu kam, daß der König von Spanien durch seinen Reich- 
tum imstande war, den Kaiser durch Geld zu unterstützen. — Weshalb 
leistet Friedrichs Heer keinen Widerstand? Es fühlte sich nicht 
stark genug, den Kaiserlichen zu widerstehen. Woher kam das wohl? 
Friedrich V. hatte sich nicht genügend vorbereitet, hatte sich nicht der 
Hilfe der protestantischen Fürsten und Stände versichert. So stand er 
allein: Die Union trat nicht für ihr Oberhaupt ein, sondern schloß mit der 
Liga einen Vertrag; der Schwager Friedrichs, Kurfürst Georg Wilhelm 
von Brandenburg, sandte ebenfalls keine Hilfe, und der benachbarte Kur^ 
fürst von Sachsen stellte sich offen auf des Kaisers Seite, der ihm die 
Lausitz versprochen hatte; die Hilfstruppen aus England trafen zu spät 
ein. — Wie kam es wohl, daß der Böhmenkönig so geringe 
Unterstützung fand? Die Glaubensfreudigkeit, die wir 80 Jahre vor¬ 
her bei den Schmalkaldnern gefunden haben, mangelt den Gliedern der 
Union; sie schließen kleinmütig Frieden und lassen den Böhmenlönig im 
Stich. Die beiden größten protestantischen Fürsten aber schauen ruhig 
und uuthätig zu und überlassen die bedrängten Glaubensgenossen der 
Hand ihrer Glaubeusseiude, obgleich sie wußten, daß mit der Niederlage 
der Böhmen auch die evangelische Lehre unterdrückt werden würde. Den 
Sachsenfürsten läßt die Selbstsucht nicht zu Hilfe eilen, da er aus dem 
ganzen Streite einen Vorteil für sich und sein Land zu gewinnen hofft;
	        
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