— 22 —
4. Die Niederlage der Böhmen und des Kaisers Straf-
gericht. Könia Ferdinand, der kurze Zeit nach dem Abfall der Böhmen
zum deutschen Kaiser gewählt worden war, setzte alles daran, seine der-
lorenen Erbländer wiederzugewinnen. Deshalb schloß er mit seinem
Jugendfreunde Maximilian von Bayern und mit dem König von Spanien
ein Bündnis. Schnell rückte das kaiserliche Heer, das durch die Truppen
der Liga verstärkt worden war, unter der Führung Maximilians von
Bayern und seines Feldherrn Tilly in Böhmen ein. Ohne Widerstand
zu leisten, zog sich Friedrichs V. Heer bis unter die Mauern Prags
zurück. Hier kam es am 8. November 1620 zur Entscheidungsschlacht.
Es war an einem Sonntage; der Kurfürst war tags zuvor nach Prag
zurückgekehrt, um der Ruhe besser pflegen zu können. Während er an
reichbesetzter Mittagstafel schmauste, wurde sein Heer nach kaum ein-
stündigem Kampfe in die Flucht geschlagen. Da keine Vorbereitungen
zur Verteidigung der Stadt getroffen worden waren, so mußte Friedrich V.
sich durch die Flucht zu retten suchen. Noch in derselben Nacht floh
derselbe mit Weib und Kind nach Schlesien und von da aus über Berliu
nach den Niederlanden. Mit ihm verließen zahlreiche Offiziere und
Beamte die Stadt Prag und das Böhmerland. Wenig Stunden nach
des Königs Flucht wurde die Stadt von den Kaiserlichen erobert.
Sachliche Vertiefung'. Warum schloß der Kaiser Ferdinand
gerade mit dem Herzog von Bayern und mit dem König von
Spanien ein Bündnis. Der Herzog von Bayern war das Oberhaupt
der katholischen Liga; mit der Freundschaft und Unterstützung Maximilians
erhielt der Kaiser auch gleichzeitig die Hilfe der Liga." Mit Hilfe dieser
konnte er den böhmischen Aufstand leicht unterdrücken. Der König von
Spanien hatte Truppen in den Niederlanden stehen; diese konnten leicht
in der Pfalz einrücken und den Kurfürsten in seinem eigenen Lande hart
bedrängen. Dazu kam, daß der König von Spanien durch seinen Reich-
tum imstande war, den Kaiser durch Geld zu unterstützen. — Weshalb
leistet Friedrichs Heer keinen Widerstand? Es fühlte sich nicht
stark genug, den Kaiserlichen zu widerstehen. Woher kam das wohl?
Friedrich V. hatte sich nicht genügend vorbereitet, hatte sich nicht der
Hilfe der protestantischen Fürsten und Stände versichert. So stand er
allein: Die Union trat nicht für ihr Oberhaupt ein, sondern schloß mit der
Liga einen Vertrag; der Schwager Friedrichs, Kurfürst Georg Wilhelm
von Brandenburg, sandte ebenfalls keine Hilfe, und der benachbarte Kur^
fürst von Sachsen stellte sich offen auf des Kaisers Seite, der ihm die
Lausitz versprochen hatte; die Hilfstruppen aus England trafen zu spät
ein. — Wie kam es wohl, daß der Böhmenkönig so geringe
Unterstützung fand? Die Glaubensfreudigkeit, die wir 80 Jahre vor¬
her bei den Schmalkaldnern gefunden haben, mangelt den Gliedern der
Union; sie schließen kleinmütig Frieden und lassen den Böhmenlönig im
Stich. Die beiden größten protestantischen Fürsten aber schauen ruhig
und uuthätig zu und überlassen die bedrängten Glaubensgenossen der
Hand ihrer Glaubeusseiude, obgleich sie wußten, daß mit der Niederlage
der Böhmen auch die evangelische Lehre unterdrückt werden würde. Den
Sachsenfürsten läßt die Selbstsucht nicht zu Hilfe eilen, da er aus dem
ganzen Streite einen Vorteil für sich und sein Land zu gewinnen hofft;