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22. Die mecklenburgischen (Lruppen
im Kriege J870|7J.
(Eiche zunächst Teil I, Nr. 26—28.)
Nachdem am 19. Juli der Krieg erklärt worden war, zogen die
mecklenburgischen Truppen unter persönlicher Führung des Groß-
Herzogs schon Ende des Monats ins Feld; aber nicht zur Wacht am
Rhein, sondern zur Nordsee ging die Fahrt. In Hamburg wurden
die Mecklenburger mit andern Truppen unter dem Befehl des Groß-
Herzogs zu einem großen Heere vereinigt. Die französischen Kriegs¬
schiffe bedrohten unsere Küsten, und der Großherzog hielt treue Wacht
am Meer. Das war eine langweilige Zeit für unsere Mecklenburger,
denn obgleich sich bald hier, bald da französische Schiffe zeigten,
so wagten sie es doch nicht, näher ans Land zu kommen. Ein all-
gemeiner Jubel erscholl deshalb, als nach vier Wochen der Befehl
kam: „Vorwärts, marsch! nach Frankreich hinein!" Acht Tage
dauerte die Fahrt mit der Eisenbahn, dann standen sie vor Metz.
Die Franzosen knallten fleißig hinter ihren Mauern heraus, aber sie
verstanden schlecht zu treffen und fügten deshalb unseren braven
Soldaten wenig Schaden zu. Da meldete sich ein anderer Feind, der
Regen. Vier Tage und vier Nächte strömte es aus deu Wolken
herab. Und dabei weder Dach noch Fach. Am Tage mußten die
Soldaten im knietiefen Lehm Schanzen bauen und in der Nacht auf
freiem Felde schlafen. Glücklicherweise ging es schon nach einer
Woche weiter nach Tonl. Diese kleine Festung war nach wenigen
Tagen ohne Blutvergießen in den Händen unseres Großherzogs.
Während nun die wismarschen Füsiliere in der Festung zurückblieben,
marschierten die übrigen Mecklenburger weiter. Bald ging es durch
öde, trostlos kahle, bald durch schöne Gegenden. Nach vierzehn
Tagen hatten sie Paris, die Hauptstadt des Landes, erreicht. Vier
Wochen lang standen unsere Soldaten mit Hunderttausenden deutscher
Krieger hier vor der gewaltigen Stadt; dann kam es anders. Weit
hinter Paris hatten die Franzosen drei mächtige Heere errichtet.
Diese eilten nun herbei, ihre Hauptstadt zu retten. Unser Groß-
herzog erhielt Befehl, mit seiner Armee den viermal stärkeren Feind
zurückzutreiben. Ach, das waren schwere Tage für 'unsere braven
Mecklenburger. Drei Tage lang wütete bei Orleans der Kampf.
Hier war es, wo am 2. Dezember bei Loigny (fpr. Loannji) mecklen-
burgisches Blut in Strömen floß. Allein 82 mecklenburgische Krieger
deckt die Erde bei Loiguy, und viele sind an ihren Wunden weitab
vom Schlachtfelde gestorben. Noch zwei Tage dauerte die Blutarbeit,
dann konnte unser Großherzog als Sieger in das stolze Orleans
einziehen. Aber nicht lange dauerte hier die Zeit des Ausruhens.
Dann ging es wieder weiter, und fünf Tage hintereinander wüteten