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12. Von den Städten und van dem Leben der Bürger
im Mittelalter.
Im Mittelalter lassen sich etwa vier Stände deutlich
von einander unterscheiden: der höhere und der niedere Adel,
die Bürger und die Bauern. Zum hohem Adel zählten alle
Fürsten und die hohem Geistlichen, zum niedern Adel oder
Äem eigentlichen Ritterstande deren Vasallen und kleinere
Freiherren; die Bürger bewohnten die Städte, die Bauern
das Land. Das Leben der Ritter in ihren Burgen ist uns
schon bekannt; im folgenden wollen wir die Bürger in ihren
Städten aufsuchen.
Von den deutschen Städten im Mittelalter.
Während an den deutschen Grenzströmen größre feste Wohn-
plätze schon von den Römern her bestanden, gab es im Innern
unsers Vaterlandes deren erst lange nach Winfrieds Zeit.
Sie bildeten sich teils um die Kirchen und Klöster herum;
teils entwickelten sie sich aus den von Heinrich I. und seinen
Nachfolgern gegründeten Burgen. Schnell erwuchs eine nach
der andern, so daß während des Interregnums die meisten
jetzigen deutschen Städte schon vorhanden waren. In ihrem
Äußern glichen sie großen Burgen. Der tiefe Stadtgraben
und die dicke, mit Thoren, Türmen und Schießscharten ver¬
sehene Stadtmauer umgaben die in Stadtviertel eingeteilte
Häusermasse. Im Innern sah es anfangs nicht viel anders
aus als auf einem Dorfe. Wohnhäuser, Wirtschasthose mit
Viehställen und Getreidescheuern, Gärten und freie Plätze
wechselten bunt miteinander ab, und Düngerhaufen vor den
Häusern waren nichts Seltenes. Die ungepflasterten Straßen
bildeten bei Regenwetter wohl einen bodenlosen Sumpf, worin
sich die Schweine herumwälzten und überall Löcher wühlten.
Straßenbeleuchtung gab es nicht, und da es außerdem Sitte
war, die obern Stockwerke auszubauen, so wurden die an sich
schon schmalen und krummen Gassen noch mehr verengt und
verdunkelt. Die Häuser bestanden meistens aus Holz oder
Fachwerk und waren mit Stroh oder Schindeln..gedeckt; der
Giebel stand gewöhnlich nach der Straße hin. Ölgetränktes