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Führten die Ritter ein ziemlich angenehmes, die Städter
ein wohl erträgliches Leben, so befanden sich die Bauern des
Mittelalters hingegen durchweg in einer ganz erbärmlichen
Lage. Ohne allen Schutz, mußten sie ihre Saaten in den
fortwährenden Fehden zertreten lassen; ganze Dörfer wurden
von den Raubrittern ausgepocht. Auch fönst standen sie ganz
in der Gewalt des Herrn, zu dessen Gebiet ihre Stroh- und
Lehmhütten gehörten. An Schulbildung war natürlich gar
nicht zu denken. Manch einer entfloh dem harten Drucke
und siedelte sich außerhalb der Mauern einer Stadt als
Pfahlbürger an.
Venediger Macht, Augsburger Pracht,
Nürnberger Witz, Straßburger Geschütz,
Ulmer Geld — beherrschen die Welt!
13. Von den verderblichen Zuständen, die während des
Mittelalters in der christlichen Kirche herrschten.
Die Zeit von Heinrich IV. bis um das Jahr 1500 ist
das Jünglingsalter des deutschen Volkes, während die Zeit
vorher als seine Kindheit bezeichnet werden kann. Gar vieles
hatte sich seitdem in unserm Vaterlande verändert. An Stelle
der ungeheuern, pfadlosen Wälder und Sümpfe waren saftige
Wiesen und fruchtbare Äcker getreten; Straßen waren er¬
richtet worden. Die Bewohner gingen nicht mehr bloß der
Jagd nach, sie verstanden auch den Acker- und den Garten¬
bau und trieben Handel und Gewerbe. Sie wohnten auch
nicht mehr in einzelnen Gehöften; es gab vielmehr zahlreiche
Dörfer und Städte. Auch die Kleidung der Deutschen war
eine andre geworden, ebenso die Bewaffnung und Krieg¬
führung. Das ganze deutsche Land war geeinigt, an Stelle
der kleinen Gauherzoge ein Kaiser getreten. Vieles hatte sich
ja gebessert, manches aber verschlechtert. Die schlimmsten
Zustände herrschten in der christlichen Kirche.