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Von hier aus läßt sich ihr Lauf noch jetzt genau verfolgen. An der
Nordseite des Nenmannschen Gartens zog sie entlang, lief durch den
Hof der Kleinkinderschule und ging Zwischen der Realschule und der
katholischen Kirche hindurch längs der nördlichen Seite der Käfig¬
gasse. — Das Gasthaus „Zur Kette" steht zum Teile auf der alten
Stadtmauer. — Dann überschritt sie die St. Georgenstraße und ging
von da nach der südlichen Seite der Burg. Die Stadt war also von
Osten nach Westen ziemlich weit ausgedehnt, hatte aber von Norden
nach Süden nur geringe Breite.
2. Vier Thore bildeten den Eingang zu ihr; sie hießen Antonius-
Dönges-), Spieß-, St. Georgen- und Schloßthor und waren von
hohen, feften Türmen überragt, worin die Stadtpförtner wohnten.
Diese hatten des Abends zur bestimmten Stunde die Thore zu schließen
und des Morgens zu öffnen. Das Antoniusthor stand in der Anto¬
nitterstraße am Prömplerschen Hause; das Spießthor war in der Spie߬
gasse in der Verlängerung der Flonheimer Straße an der Stadtmühle;
das St. Georgenthor war da, wo die Käfiggasse auf die St. Georgen¬
straße trifft, und das Schloßthor befand sich am Ende der Schloßgasse
vor der Brücke. Die Stadtmauer war mit Schießscharten versehen,
durch welche die Geschosse gegen den belagernden Feind geschleudert
wurden. Hinter der Mauer befand sich ein gedeckter Gang, welcher den
Belagerten gegen die hereinfallenden Wurfgeschosse der Feinde Schutz
gewähren sollte. An besonders hervorspringenden Ecken und sonst in
gewissen Abständen befanden sich auch noch Verteidigungstürme auf der
Mauer, welche mit Dächern gedeckt waren und zum Teile den Stadt¬
wächtern als Wohnung dienten. Reste solcher Türme finden sich an
verschiedenen Stellen der alten Stadtmauer, so im Realschulhof und
hinter dem Hanse des Färbers Stock in der Käfiggasse.
3. Rings um die Stadtmauer lief ein breiter, tiefer Graben. Nur
an der nördlichen Mauer fehlte dieser, weil hier die Selz hinreichend
Schutz gewährte. Der Stadtmauer entlang zog sich vom jetzigen Schützen¬
hofgarten am Hexenturm zwischen Realschulhof und katholischem Pfarr¬
garten und am St. Georgenthor vorüber bis zum Schlosse der sogenannte
Zwinger. Er wurde auch Schießgraben genannt, weil in Zeiten des
Friedens die Bürgerschaft sich hier im Schießen übte, anfangs mit der
Armbrust, später mit Handfeuerwaffen. Die vom oberen Ende der
St. Georgenstraße nach dem Schlosse hinführende Straße — mit dem
Römerfchen Saalbau — hieß deshalb früher „Schießgrabenweg". Erst
im Jahre 1892 hat sie die Bezeichnung „Schloßweg" erhalten. — Von
der Burg war die Stadt ebenfalls durch einen Graben getrennt, über
den zwei Brücken führten. Die eine, am unteren Burgthore, war
eine Zugbrücke; sie mündete in die Schloßgasse. Die andere Brücke
führte zum oberen Burgthore, lag etwa in der Verlängerung der Hell¬
gasse und führte ebenfalls über einen tief eingeschnittenen Graben.
4. Die Straßen unserer Stadt waren damals schmal und winkelig. -
Sie waren des Abends nicht beleuchtet und entbehrten vollständig des
Pflasters. Um den zur Verfügung stehenden Raum möglichst aus-