Full text: Bilder aus der Alten und vaterländischen Geschichte

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wurde er gleichgültig gegen die religiösen Stoffe. Auch ein sparsamer 
Hauswirt schien der Kronprinz nicht werden zu wollen, denn er konnte 
nicht knausern und liebte modische Kleidung und behagliches Leben. Der König 
geriet oft in Zorn über den „weibischen Kerl" und warf eines Tages seinen 
gestickten Schlafrock ins Feuer. Am meisten bekümmerte es den König, daß 
Friedrich auch kein guter Soldat zu werden versprach. Er haßte den engen 
Rock, den steifen Zopf, das ewige Exerzieren, die rohe Behandlung der Sol¬ 
daten und die derben Späße der „Tabakskollegen"., Viel lieber las, dichtete 
und musizierte er, besonders auf der Flöte. Voll Ärger rief der König aus: 
„Fritz ist ein Querpfeifer und Poet; er macht sich nichts aus den Soldaten 
und wird mir meine ganze Arbeit verderben." 
2. Seine Entzweiung mit seinem Vater. Die Unzufriedenheit des 
Königs über das leichte Wesen seines Sohnes wurde immer größer. Sogar 
vor den Hofleuten schalt er ihn aus. Dabei nannte er ihn „einen elenden 
Feigling ohne Ehre und Mut, der 
nicht einmal davon zu laufen wage". 
Da faßte Friedrich den Man, bei 
einer Reise des Königs an den 
Rhein nach England zu entfliehen. 
Doch ein Brief Friedrichs an den 
Leutnant von Katte fiel in die 
Hand des Königs und verriet alles. 
Der Fluchtversuch mißglückte, und 
der Zorn des Königs war grenzen¬ 
los. Der „feige Deserteur ohne 
Ehre" wurde aus ein Rheinschiff 
gebracht und mit dem Stocke blutig 
geschlagen; ja in Wesel brachten 
seine Antworten bett König so auf, 
daß er den Degen zog. Da warf 
sich der General von Mosel 
zwischen beide und rief: „Majestät, 
durchbohren Sie mich, aber schonen 
Sie Ihres Sohnes!" Friedrich 
wurde auf die Festung Küstrin ge¬ 
bracht und sein Vertrauter Katte 
vor seinem Fenster hingerichtet. 
Jhy selbst sollte ein Kriegsgericht 
als „fahnenflüchtig" verurteilen. 
Da rief ein Major Buddeubrock: 
Wenn Ew. Majestät Blut ver- 40. Friedrich der Große, 
langen, so nehmen Ste meines; 
das Ihres Sohnes bekommen Sie nicht, solange ich reden darf!" 
3. Seine Versöhnung mit dem Vater. Später milderte sich der Zorn 
des Königs, als der Feldprediger Müller günstige Berichte über den Kron¬ 
prinzen einschickte. Es ward Friedrich gestattet, bei der Staatsverwaltung 
thätig zu sein. „Er sollte sehen, wie schwer es den Bauern fällt, die Groschen 
zu einem Thaler zu erarbeiten." Dadurch hat er alle Zweige der Verwaltung 
gründlich kennen gelernt. Bei der Hochzeit seiner Schwester kehrte er begnadigt 
in das Vaterhaus zurück. Auf den Wunsch seines Vaters heiratete er die 
Nichte des Kaisers, hat aber nie ein inniges Familienleben mit ihr geführt.
	        
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