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86. Die Kriege mit Schlesien.
1. Der Kurfürst Joachim II. von Brandenburg hatte mit den
Herzogen von Preußen und Schlesien Erbverträge geschlossen. Bisher
hatte aber weder Östreich den Vertrag um Schlesien geachtet, noch
hatten Preußens Herrscher ihre Forderungen erhoben. Als die
Kaiserin Maria Theresia in Ostreich zur Regierung kam und sofort
in einen Krieg verwickelt wurde, erbot sich Friedrich II., ihr gegen
alle Feinde beizustehen, wenn sie ihm die Teile Schlesiens abtrete, welche
ihm vertragsmäßig zustünden. Maria Theresia wies sowohl Friedrichs
Anerbieten als auch seine Ansprüche zurück. Sofort rückte der König
mit einem schlagfertigen Heere in Schlesien ein, und der Krieg
begann (1740). Zum ersten Male standen preußische und östreichische
Truppen einander gegenüber. Bei Mollwitz war's. Anfangs schien
es, als sollten die Östreicher das Feld behalten. Da rückte aber
das gutgeschulte, preußische Fußvolk in vier geschloffenen Gliedern
hintereinander vor. Die Gewehre wurden geladen; dann knieten die
beiden vordem Glieder nieder und gaben Feuer, während die beiden
hintern über sie hinwegschossen. Solch ununterbrochenes Feuer war
den Östreichern neu, sie wichen zurück; Friedrich siegte und behielt das
Schlesische Land. Nach zwei Jahren mußte er zum zweiten Male und
wieder elf Jahre später zum dritten Male um Schlesien kämpfen.
2. Der letzte Kämpf hat sieben Jahre gedauert, 1756—1763,
und heißt deshalb der siebenjährige Krieg. Als nämlich Maria The¬
resia Ruhe vor ihren Feinden hatte, war ihr innigster Wunsch, das
schone Schlesien wiederzugewinnen. Da sie es nicht wagte, allein
gegen Friedrich aufzutreten, so schloß sie mit Frankreich, Rußland,
Sachsen und Schweden Bündnisse. Friedrich erhielt durch England,
Hannover, Braunschweig und Hessen Unterstützung. Von welchem Helden¬
geiste der König in diesem Kriege beseelt war. zeigt folgender Befehl:
„Wenn ich das Unglück hätte, vom Feinde gefangen zu werden, verbiete ich,
daß man auf meine Person die geringste Rücksicht nehme oder auf das
achte, was ich etwa aus der Gefangenschaft schreibe. Wenn mir ein solches
Unglück begegnet, sö will ich mich für den Staat opfern, — die Minister
und die Generale mache ich mit ihrem Kopfe dafür verantwortlich, daß
man für meine Befreiung weder Lösegeld noch eine Provinz anbiete,
daß man vielmehr den Krieg fortsetze und alle Vorteile so benutze, als
hätte ich niemals gelebt". Friedrichs Feinde waren an Zahl hoppelt
so stark als er; er mußte sich deshalb vornehmlich auf die Tüchtigkeit
seiner Truppen und Offiziere und auf sich selbst verlassen. Von den
Offizieren haben sich damals besonders Schwerin, Seydlitz und Zieten
großen Ruhm erworben. Kaum hatte Friedrich von dem Bündnisse
seiner Feinde gehört, so rückte er in Sachsen ein, um anzugreifen.
Gleich beim ersten Zusammentreffen schlug er die östreichische Armee
und nahm das ganze sächsische Heer gefangen. Während der sieben
Kriegsjahre sind zwanzig größere Schlachten und kleinere Gefechte ge-