230 Die Neuzeit.
König und Königin aus; jubelnd stimmte das Volk mit ein. Am Tage
vor der Krönung, den 17. Januar, ward der schwarze Adlerorden,
der höchste Orden in Preußen, gestiftet. Auf dem silbernen Sterne
desselben ließ der Kurfürst seinen Wahlspruch: Suum cuique, Jedem
das Seine, anbringen, um anzudeuten, daß eine unparteiliche Rechts¬
pflege geübt, jedem nach seinen Verdiensten das Seine geleistet werden
solle. Friedrich nannte sich fortan Friedrich I., König in Preußen.
Die Krönungsfeierlichkeit wurde am 18. Januar 1701 mit großer Pracht
begangen. Der König setzte sich und seiner Gemahlin die Krone mit eigener Hand
auf, um anzudeuten, daß er seine neue Würde niemand auf Erden verdanke. Hierauf
nahm das königliche Paar die Huldigung entgegen; dann verkündete Glockengeläute
den Beginn der kirchlichen Feierlichkeit. An der Thür der Schloßkirche wurde das
Königspaar vom dem lutherischen und dem reformierten Oberhofprediger empfangen,
die beide erst für die Feier geadelt und zu Bifchöfen ernannt waren. Nach Predigt
und Gesang legte Friedrich Krone und Scepter von sich, knieete nieder und betete;
dann salbte der Bischof den König und die Königin mit geweihtem Öle auf der
Stirn und dem Puls beider Hände. Im ganzen Lande wurde zu dieser Zeit über
das Wort Psalm. 89, 21 gepredigt. Nach der feierlichen Salbung am Altar rief das
Volk: „Amen, Amen! Glück zu dem Könige, Glück zu der Königin! Gott verleihe
ihnen langes Leben!" Unter dem Geläute der Glocken und dem Donner der Geschütze
begab sich der Zug ins Schloß zurück. Das rote Tuch, über welches die Majestäten
zur Kirche gegangen waren, ward der Menge gegeben: auch fehlte der Krönungs¬
ochse nicht, der, mit Schafen, Rehen, Ferkeln, Hasen, wildem und zahmem Geflügel
gefüllt, auf öffentlichem Platze gebraten und dem Volke preisgegeben wurde; aus
zwei künstlichen Springbrunnen strömte roter und weißer Wein, und für 18000
Mark Krönungsmünzen wurden unter die Menge ausgeworfen. An den folgenden
Tagen fanden Volksbelustigungen statt; alle Gefangenen, ausgenommen die schweren
Verbrecher, erhielten ihre Freiheit. Erst im März verließen die Majestäten Königs¬
berg wieder; ihr Einzug in Berlin war nicht minder glänzend. Zum Schluß der
ganzen Festlichkeit wurde ein Buß- und Bettag gefeiert.
d. Der spanische Erbfolgekrieg. Die meisten europäischen Fürsten
erkannten Friedrich I. als König an; einige protestierten, so der König
von Schweden, der deutsche Ordensmeister, die katholischen Kurfürsten von
Bayern und Köln und am heftigsten der Papst. Aber diese Stimmen
verhallten unter dem Lärm eines neuen europäischen Krieges. Im Jahre
1700 starb nämlich der letzte spanische König aus dem Hause Habsburg,
und um die verwaiste Krone entbrannte zwischen dem Kaiser Leopold
und Ludwig XIV. der sp anische Erbfolgekrieg. (1701—1713.) Das
preußische Heer focht unter „dem Fürsten von Anhalt-Dessau, dem
„alten Dessauer", auf seiten Österreichs und erwarb sich unvergängliche
Lorbeeren; der Prinz Eugen führte die Österreicher, auf deren Seite
auch die Engländer unter dem General Marlborough (fpr. Malböro)
standen. Schon waren die Franzosen in mehreren Schlachten in Italien,
am Rhein und in den Niederlanden geschlagen, als Kaiser Joseph I.,
der Sohn Leopolds I., ohne männliche Erben starb. Sein Bruder Karl,
der König von Spanien werden sollte, folgte ihm. Nun wollten die
Verbündeten des Kaisers ihn nicht ferner unterstützen, daß er, der Erbe
der österreichischen Länder, auch noch die spanische Krone erlange. Eng-