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IV. Die Begründung der evangelische« Kirche.
A. Darbietung.
Wie die evangelische Kirche im Volke und vor Kaiser und
Reich begründet wurde.
1. Wie Luther für die Schulen sorgte.
a. Deutschlands Schulwesen bis zu Luthers Zeit. Christus
hatte seinen Jüngern befohlen, alle Völker zu lehren. Hiermit hatte er
das kirchliche Lehramt eingesetzt. Wie seine Jünger die Pflicht, welche
ihnen das Lehramt auferlegte, treu erfüllten, so suchte auch dann die
Kirche jung und alt zu belehren. Sie gründete daher Schulen, welche
die christliche Bildung und Gesittung fördern sollten. Die Deutschen
hatten vor der christlichen Zeit überhaupt keine Schulen gekannt. Erst durch
die Ausbreitung des Christentums unter ihnen entstanden die ersten Schulen
in Deutschland. Sie waren mit einem Kloster oder Dome verbunden und
hießen daher Kloster- oder Domschulen. Die Klosterschulen wurden
von Mönchen und die Domschulen von Geistlichen geleitet. Die Schüler
wurden zumeist für den geistlichen Beruf vorbereitet. Die lateinische
Sprache bildete den Hauptunterrichtsgegenstand. Karl der Große widmete
seine Fürsorge auch dem Schulwesen und gründete Hofschulen, worin die
Kinder seiner Großen unterrichtet wurden. Für den geistlichen Beruf
bestimmte man gewöhnlich die Söhne Leibeigner. Karl der Große befahl
jedoch, daß alle ihre Söhne zur Erlernung des Lesens in die Schulen
schicken sollten, und trug den Bischöfen auf, Schulen zu errichten. Ins¬
besondere waren es die Domschulen, welche auch Zöglinge aufnahmen, die
sich später einem weltlichen Berufe widmeten.
Zur Zeit der Kreuzzüge blühten die deutschen Städte rasch empor,
der Handel und der Geldverkehr sowie die reiche Arbeitsteilung in den
Handwerken weckten neue Bildungsbedürfnisse. Daher genügten die geist¬
lichen Schulen nicht mehr:; die Städte errichteten deswegen eigne Schulen,
welche Stadt-, Rats- oder Bürgerschulen hießen. Obgleich die
Geistlichkeit der Errichtung weltlicher Stadtschulen manches Hindernis
bereitete, so entstanden doch in kurzer Zeit sehr viele Ratsschulen. Sie
wurden von einem Rektor geleitet, der mit seinen Gesellen den Unterricht
erteilte. Das Latein bildete jedoch noch immer das Hauptlehrfach und
raubte die meiste Zeit, obgleich die meisten Bürgersöhne es in ihrem
späteren Leben nur. wenig gebrauchen konnten. So mangelte es immer
noch an Schulen, die dem Bildungsbedürfnis des Bürgerstandes ent- ,
sprachen. \\
x5n Norddeutschland half man diesem Übelstande zuerst ab, indem
man nach dem Beispiele Lübecks deutsche Schreibschulen errichtete,