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Wohnungen bei den Engeln anweisen wird." Indes er so zu seinen Ge¬
fährten redete, stürzte der wütende Haufe der Heiden mit Schwertern und
voller Kriegsrüstung über sie her und vergoß das Blut der heiligen Mär¬
tyrer. Darauf stürzte sich der Hause frohlockend auf die Siegesbeute, zer¬
störte die Zelte und raubte auch die Schreine, in denen sich die Bücher und
die Kästchen mit den Reliquien befanden, in der Hoffnung, darin eine große
Menge von Gold und Silber zu finden. Darauf begaben sie sich zu den
Schiffen, in denen sich der tägliche Lebensbedarf der Gottesmänner, sowie
ein kleiner Vorrat von Wein in den noch verschlossenen Gefäßen befand.
Als sie nun den Wein entdeckt hatten, begannen sie sofort zu trinken und
hielten dabei Rat, wie das Gold und Silber, das sie noch gar nicht gesehen
hatten, verteilt werden sollte. Und Da sie sich nicht einigen konnten, be¬
gannen sie allmählich mit Schimpfworten gegeneinander loszufahren, und
endlich entstand so heftige Zwietracht, daß der von Wut und Tobsucht er¬
füllte Haufe sich in zwei Parteien schied, welche die Waffen, mit denen sie
kurz vorher die heiligen Märtyrer umgebracht, in grausigem Kampfe gegen¬
einander kehrten. Nachdem dann der größte Teil des tobenden Haufens
niedergesunken, liefen die Überlebenden auf die Beute zu; sie fanden aber,
als die Behälter zerbrochen waren, statt des Goldes Bücher, statt des
Silbers Blätter göttlicher Weisheit. So in ihrer Hoffnung getäuscht, zer¬
streuten sie von den gefundenen Büchern einige weit und breit auf den
Feldern, andere warfen sie in das Röhricht der Sümpfe. Doch wurden
etliche der Bücher nach langer Zeit unversehrt wiedergefunden.
13. üarss £tieg gegen (sie Surft|en. 772 — 804.
(Bericht Einhards.)
1. Der Krieg im allgemeinen. Kein Krieg, dm das Volk der
Franken unternahm, ist mit solcher Ausdauer, Erbitterung und Anstrengung
geführt worden, wie der gegen die Sachsen. Diese waren, wie fast alle
Völkerschaften Germaniens, wild. dem Götzendienste ergeben und gegen unsere
Religion feindselig. Sie hielten es nicht für unehrenhaft, göttliches und
menschliches Gesetz zu vermehren und zu übertreten. Auch waren noch
besondere Umstände vorhanden, die jeden Tag den Frieden stören konnten:
die Grenzen nämlich zwischen den Franken und den Sachsen berühren sich
fast überall in der Ebene mit Ausnahme weniger Stellen, wo größere
Waldungen oder Bergrücken die Länder durch eine bestimmte Grenzlinie
scheiden. Hier tobten unaufhörlich Totschlag, Raub und Brand. Dadurch
wurden die Franken so erbittert, daß sie einen offenen Krieg gegen sie zu
unternehmen für angemessen erachteten. Der Krieg wurde von beiden Seiten