Bilder aus der älteren deutschen Geschichte.
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sein ältester Sohn Konrad gegen ihn auf. Des Vaters Schmerz war
groß; jedoch gelang es ihm, die Empörung zu dämpfen und seinen Sohn
wieder zum Gehorsam zu zwiugeu. Nach dem Tode Konrads wurde
Kaiser Heinrich in der Empörung seines zweiten Sohnes ein noch
größerer Kummer bereitet. Dieser war ein listiger verschlagener Mensch
und suchte feinen Vater durch Verstellung und Verräterei ins Verderben
zu bringen. Hierdurch gelaug es ihm, den alten Vater zu bewegen, daß
er zu Ingelheim der Kaiserkrone entsagte. Der alte Kaiser hatte nur
noch die eine Bitte um Befreiung vom Banne des Papstes, aber die
päpstlichen Diener erwiderten ihm, er solle selber nach Rom gehen und
die Guade des Papstes anrufen. In Ingelheim konnte der Kaiser
Heinrich nicht mehr bleiben, denn hier wurde er vou seinem bösen Sohne
in strenger Gefangenschaft gehalten; doch wurde es ihm möglich, aus
diesem Gefängnis zu entkommen und uach Lüttich zu seinem alten Freunde,
dem Bischof Otbert, zu fliehen, wo er endlich Ruhe faud.
6. Tod und Begräbnis. Gedicht: „Zu Lüttich" von Max v. Oer.
In Lüttich ereilte den vielgeplagten Kaiser der Tod. An seinem Lager
saß Bischof Otbert und vernahm das Sündenbekenntnis des todkranken
Kaisers. Darauf reichte ihm der Bischof das heilige Abendmahl, welches
der Sterbende in heiliger Begier und festem Glauben an seinen Erlöser
empfing, worauf er dauu saust entschlief. Der tote Kaiser wurde mit
kaiserlichen Ehren zur Gruft bestattet, jedoch Otbert mußte ihn von seiner
Ruhestätte wieder wegnehmen und ihn ans einer einsamen Insel der
Maas aussetzen lassen, da der Bannfluch noch auf dem entschlafenen
Kaiser ruhete. Au seinem Sarge faß während mehrerer Stunden des
Tages und der Nacht ein Mönch, der aus Palästina gekommen war,
um für die Seele des Toten zu beten.
Gedicht: Der Mönch vor Heinrichs IV. Leiche.
„Der Herbst zog dunkel um die Höh'n".
v. W. Müller.
Nach einiger Zeit wurde die Leiche nach Speier übergeführt und
hier in der neuerbauten Marienkirche beigesetzt, aber auch hier ward ihm
die Ruhe noch nicht gegönnt. Der gebannte Kaiser mußte in einer
Nebenkapelle beigesetzt werden, und hier verblieb er so lange, bis sein
Sohn Heinrich durch mehrere Zeugen dargethan hatte, daß sein Vater
bußfertig gestorben sei. Nun erst sprach ihn der Papst vom Banne los,
und Kaiser Heinrich konnte jetzt erst in die alte Kaisergruft zu Speier,
als feine eigentliche Ruhestätte, einziehen.
Fragen 1. Was bezweckten Hanno und Adalbert durch ihre Er-
und Ausg.: ziehungsweisen mit dem jungen Kaiser?