Full text: Das Alterthum (Bd. 1)

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a) das Gericht über Mord, Giftmischerei, Brandstiftung; b) die 
Oberaufsicht über die Sittlichkeit und den Cultus. Er konnte 
Trägheit, Ausschweifungen, Verletzung der Pietät gegen die 
Eltern ahnden. Er war der Aufseher über Alles und der Wächter 
der Gesetze (enCOxonog tiuvtcov xal <pvXa% tcov vöfxwv. Plut. 
Sol. c. 19). Die gerichtlichen Strafen waren Hinrichtung durch 
Hinabstürzen in das Barathron oder durch den Schirlingbecher, 
Verbannung, Atimie oder Ehrloserklärung. Geringere Vergehen 
wurden durch eine bisweilen sehr hohe Geldstrafe gebüsst. 
6. Die bürgerliche Gesetzgebung. Die Solonischen 
Gesetze wurden auf viereckige hölzerne Balken {at-oveg, xvq- 
ßsiq) eingegraben und auf der Akropolis, später auf dem Markte 
aufgestellt. Ueber die Verordnungen ist im Einzelnen nur wenig 
bekannt. Merkwürdig ist die Bestimmung, dass bei politischen 
Streitigkeiten jeder Bürger Partei ergreifen müsse. Jeder musste 
seine Kinder ein ehrliches Gewerbe erlernen lassen. Dafür 
hatten die Kinder die Verpflichtung, für die Eltern in ihrem 
Alter zu sorgen. Der Betrieb von Gewerben, welche nur der 
Verweichlichung dienen, und übertriebener Aufwand bei Fest¬ 
lichkeiten wurde untersagt. Fremde, welche sich in Athen 
niederliessen, genossen als Metöken (,ustoixoi) den gesetzlichen 
Schutz, hatten aber kein Bürgerrecht und mussten sich bei 
Processen und sonstigen öffentlichen Handlungen durch einen 
Patron (nQoarccTrjg) vertreten lassen. Den Ackerbau und jede 
anständige Thätigkeit begünstigte der Gesetzgeber; Künste und 
Wissenschaften liebte er so, dass er in einer seiner Elegien 
sagt, noch im Alter lerne er täglich zu. 
Die Erziehung der Bürger*) war mehr Sache des Einzelnen, 
nicht, wie in Sparta, des Staates. In den öffentlichen Gymnasien wur¬ 
den die Knaben und Jünglinge von dem Grammatistes im Lesen und 
Schreiben, im Auswendiglernen und Erklären von Dichterstellen und in 
der Musik unterrichtet, und in den Palästren übten sie sich unter der 
Aufsicht des Paidotribes. Mit dem 18. Jahre begann der Jüngling als 
nsQinohog die Ausbildung zum Kriegsdienste, welche zwei Jahre dauerte. 
Mit dem 20. Jahre wurde der junge Mann in die Bürgerlisten eingetragen. — 
Die Frauen und Mädchen lebten nach der Sitte des Orients zurückgezogen; 
sie hatten nicht, wie in Sparta, am öffentlichen Leben Antheil. 
*) Eine Hauptstelle über die athenische Erziehung s. bei Plato 
Protagoras c. 12 u. 13.
	        
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