Full text: Charaktere aus der neuen deutschen Geschichte vornehmlich in zeitgenössischer Schilderung

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3. Friedrich III. 
I. 
Rodd, Friedrich III. als Kronprinz und Kaiser. Berlin 1888. S. 181 ff. 
Die Zeit war seiner Regierung zu karg zugemessen uud zu verstört, 
als daß er wichtige Maßregeln hätte durchführen können; aber sein 
ganzes Beispiel, der ideale Zug, deu er den spröderen, derberen Tugenden 
des Nationalcharakters beizugesellen bestrebt war, seine weitherzige Toleranz 
in religiösen Fragen, die vollkommene Harmonie seines einfachen und 
selbstloseu Lebens — das alles wird nicht so bald in Vergessenheit ge¬ 
rathen, nein, es wird immer besser verstanden werden. Das Wesen 
jedes Volkes ist eigenartig; man kann die Deutschen nicht nach fremdem 
Maßstab messen, denn gleiche Ursachen rufen bei verschiedenen Nationen 
nicht gleiche Wirkuugeu hervor; aber jedes kräftige Volk hat seinen 
eigenen Weg der Entwickelung, ihn verstanden zu haben war Friedrichs 
Verdienst als Herrscher. 
Wer ihn nicht gekannt hat, der wird sich kaum von seinem unwider¬ 
stehlichen persönlichen Zauber eineu Begriff machen können, wie sein 
Lächeln und die Klarheit seines liebenswürdigen Antlitzes alles erleuchtete 
und erheiterte. Er hatte lebhaften Sinn für Humor, uud wie alle 
geraden Charaktere, in denen das Kindliche nur schlummert, erfreute ihn 
jeder unschuldige Scherz. Und doch — aber dies wußten nur die ihm 
Nächststehenden — unter diesem äußeren Frohsinn ruhte im tiefsten 
Innern das von ideal angelegten Naturen Unzertrennliche: „der ewige 
Gruudtou der Trauer, die Schwermut ernsten Denkens". Wer mit ihm 
in Berührung kam, der wurde bestrickt von dem Reiz seines Wesens, 
dem bei aller natürlichen Heiterkeit nie die Würde abhanden kam. Und 
wer ihm näher trat, dessen Bewunderung steigerte sich zu immer größerer 
Wärme. Noch einmal wollen wir einen Zeugen redeud einführen, der 
Gelegenheit hatte, wie keiner sonst, ihn in den kritischsten Zeiten, im 
Lager, auf dem Schlachtfeld kennen zu lerueu. General Sir Beanchamp 
Walker schreibt in einem Briefe: 
„Er war nicht nur der liebenswerteste, sondern auch der edelste 
Mensch, mit dem ich je in Berührung gekommen bin: edel in seinen 
Handlungen, edel in seiner Redeweise, edel in der Beurteilung anderer. 
Niemals habe ich von ihm ein hartes Wort gehört, gleichviel, ob es 
einem Manne oder einer Frau, einem Lebenden oder einem Toten galt. 
Ich will nicht sagen, daß sein Urteil über andere immer günstig ge¬ 
wesen wäre, aber stets wurde es in der freundlichsten Weise aus¬ 
gedrückt." 
Von der Wiege an zum Herrscher bestimmt, lernte er sich fügen 
und wartete geduldig feilte Zeit ab. Unbeschrankter Herr über die Kräfte 
feiner Untergebenen, war er voll freundlicher Rücksicht, und nie stumpfte 
sich fein Gefühl der Dankbarkeit für treu geleistete Dienste ab. Un¬ 
unterbrochen im öffentlichen Leben an höchster Stelle stehend, fand er
	        
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