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29. Die Kaiserkrönung Karls des Großen.
Im Jahre 799 wurde der Papst Leo III. von einer Schar
feindlich gesinnter Einwohner der Stadt Rom überfallen und mi߬
handelt und entging nur mit Mühe dem ^ode. Er begab sich
mit seinem Gefolge über die Alpen nach Paderborn im Sachsenlande,
um den König der Franken um Hülfe gegen seine Feinde anzuflehen.
Karl hielt gerade einen Reichtag ab, d. h. eine Versammlung der
Großen seines Reiches, und empfing den Papst mit allen ihm gebühren¬
den Ehren. Er gewährte ihm die erbetene Hülse unb ließ ihn von
einem Heere nach Rom zurückgeleiten. Im folgenden Jahre erschien
er selbst in Rom, um über bie Übelthäter zu Gericht zu sitzen. Sie
würben zum Tobe verurteilt, auf Bitten bes Papstes aber zu bauern-
ber Verbannung begnabigt.
Das Weihnachtsfest nahte heran, mit bem bamals ber Beginn
bes neuen Jahres zusammenfiel. Karl kniete am Morgen bieses
Festes in bei* Peterskirche anbächtig an ben Stufen bes Altares. Da
nahte sich unbemerkt ber Papst Leo, setzte ihm eine Krone auf das
Haupt unb rief mit lauter Stimme: „Heil und sieg bem frommen,
von Gott gekrönten, großen unb friebliebenben Kaiser ber Römer!"
Diese Worte würben breimal jubelnb von ber zahlreich versammelten
Volksmenge wieberholt. So tmirbe Kart im Jahre 800 römischer
Kaiser, unb diese Stellung verlieh ihm und seinem Reiche neuen
Glanz und neues Ansehen. Die mit dem Frankenreiche verbundene
Kaiserwürde galt als Fortsetzung der alten römischen Kaiserwürbe,
die feit der Zertrümmerung des römischen Reiches durch deutsche Völker¬
schaften im Jahre 476 n. Chr. geruht hatte. Wie der frühere
römische Kaiser der Herrscher faft des ganzen Erbkreifes gewesen war,
so sollte ber neue römische Kaiser ber weltliche Oberherr ber Christen¬
heit fein, erhaben über alle anberen christlichen Herrscher des Abenb-
lanbes. Zugleich galt er als ber natürliche Schutzherr ber Kirche
unb bes geistlichen Oberhauptes ber Christenheit, bes Papstes. Neben
bem Kaisertitel behielt Karl aber auch ben Titel eines Königs ber
Franken.
Nach einer langen unb ruhmvollen Regierung starb Karl ber
Große am 28. Januar 814 unb würbe im Dome zu Aachen bei¬
gesetzt, wo ein einfacher Stein noch heute bie Stelle seines Grabes
bezeichnet.