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IV. Das Zeitalter Friedrichs des Großen.
Welche Achtung Friedrich bei der Bevölkerung sich erstritten hatte,
geht ans einem Gedichte Ludwig Gleims hervor, das dieser Ende 1757
an die Kaiserin Maria Theresia richtete:
Nun beschließe deinen Krieg,
Kaiser'Königin,
Gib dir selbst den schönsten Sieg,
IDerde Siegerin!
Überwinde dich und gib
Menschlichkeit Gebor,
fjabe deine Volker lieb,
(Dpsere nicht mehr!
Unsern Friedrich, der ein fjeli),
Der auch weiser ist,
3er ein wunder ist der Welt,
wie du selber bist,
Der gerechte Waffen trägt
Ins Gefecht mit dir,
mit uns kommt und sieht und schlägt
Tapferer als wir:
fjeldin, den bezwingst du nicht!
Gott kann Wunder tun.
Schenk ihm Freundesangesicht,
Biete Frieden nun!
williger war nie ein Feind,
Feinden zu rerzeihn,
Schneller nie ein Menschenfreund,
Ausgesöhnt zu fein,
Nie ein gröjgrer Feind der Schlacht
Und der Heldentat,
Als der fjeld, der deine Macht
Überwunden hat.
Fortsetzung der Geschichte des Siebenjährigen Krieges. Dichterworte
können den Gang der großen Weltereignisse nicht aushalten. Die Feinde
Friedrichs vertrauten, daß er schließlich doch ihrer Überzahl erliegen würde.
Aber im Jahre 1758 wurden die Franzosen über den Rhein getrieben
uud die Russen bei Zorndorf in der Provinz Brandenburg besiegt.
Dagegen erlitt Friedrich bei Hochkirch in Sachsen eine Niederlage.*) Trotz¬
dem behauptete er sich iu Schlesien und Sachsen.
Das Jahr 1759 war das unglücklichste des ganzen Krieges. Bei
Knnersdors, in der Nähe von Frankfurt an der'Di) er, erlitt Friedrich
von der Überzahl der vereinigten Österreicher und Russen eine schwere
Niederlage; er hielt alles für verloren.2) Doch die Feinde, denen der Weg
nach Berlin offen stand, nützten ihren Sieg nicht aus. Auch sie hatten
große Verluste erlitten. Der russische Heerführer schrieb darüber nach
St. Petersburg: „Der König von Preußen pflegt seine Niederlagen teuer
zu verkaufen; noch einen solchen Sieg, und ich werde die Nachricht davon
mit einem Stabe in der Hand allein zu überbringen haben."
Im Jahre 1761 hörte England aus, Hilssgelder an Preußen zu
zahlen, und zu Anfang des folgenden Jahres traten die Russen und
Schweden vom österreichischen Bündnis zurück. Der russische Kaiser
Peter III. ließ seine Truppen von Österreich zu Preußen übergehen.
Als er nach sechs Monaten ermordet wurde, rief seine Nachfolgerin,
Kaiserin Katharina, die russischen Truppen zurück. Als der russische
General Tschernitschess dem Könige davon Mitteilung machte, bat dieser
*) Quellenbuch S. 264. 2) Ebenda S. 269.