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IV. Das Zeitalter Friedrichs des Großen.
ihn, den Befehl drei Tage zu verheimlichen; dann wolle er in der Zeit
den Österreichern eine Entscheidungsschlacht anbieten; die russischen Truppen
möchten sich in Schlachtordnung ausstellen, aber nicht am Kampfe teil¬
nehmen. Der General ging aus den Vorschlag ein, und Friedrich ge¬
wann die Schlacht bei Burkersdorf in Schlesien. Bald darauf trat
auch Frankreich vom österreichischen Bündnisse zurück, und Friedensver-
handlungen begannen, die am 15. Februar 1763 ans dem Jagdschlösse
Hubertusburg im Königreich Sachsen zum Abschluß kamen. Preußen
behielt Schlesien; Friedrich versprach, dem Sohne Maria Theresias,
Erzherzog Joseph, seine Kurstimme zur Kaiserwahl zu geben.
Das Ergebnis des Siebenjährigen Krieges ist äußerlich kein
andres als das der frühern Schlesischen Kriege. Trotzdem war so viel
Heldenblut nicht vergebens geflossen; ganz Deutschland ist durch Friedrichs
Ruhmestaten gehoben worden; das preußische Heer hatte den Beweis ge¬
liefert, daß es den größten europäischen Heeren gewachsen war. Dadurch
ist das Laud vor feindlichen Überfällen geschützt geblieben bis zu den
Tagen der Französischen Revolution.
Bedeutung des Siebenjährigen Krieges für die deutsche Literatur.
Friedrich der Große war nicht nur für das preußische Volk, sondern
auch für einen großen Teil der übrigen Deutschen ein nationaler
Held geworden, der dem deutschen Namen in der ganzen Welt Achtung
verschaffte. Goethe, der als Knabe in feiner Vaterstadt Frankfurt am
Main den Krieg erlebte, schrieb später, daß er „Fritzisch" gesinnt, und
daß es die Persönlichkeit des großen Königs gewesen sei, die auf alle
Gemüter gewirkt habe.
Den größten Vorteil zog aus diesem erwachten Nationalbewußtsein
die deutsche Dichtung. Das hat Goethe selbst erklärt mit den Worten:
„Der erste wahre und höhere, eigentliche Lebensgehalt kam durch
Friedrich den Großen und die Taten des Siebenjährigen Krieges in die
deutsche Poesie." Bald nach Beendigung des Krieges erschien Lessings
„Minna von Barnhelm", das erste nationale Bühnenstück von echt
deutschem Gehalte. Gleim, Ramler, Ewald von Kleist besangen die Taten
des Königs. Die Preußen gewannen dadurch für ihre Literatur einen
Schatz, der der Gegenpartei fehlte.
Der König brachte selbst allerdings der deutschen Literatur wenig
Teilnahme entgegen. Desto Heller leuchtete fürstliche Gunst den deutschen
Dichtern am Hofe der Nichte Friedrichs des Großen in Weimar. Dort
hatten die geistvolle Herzogin Amalie und ihr Sohn Karl August nach
und nach die größten Schriftsteller des deutschen Volkes um sich ver¬
sammelt: Wieland, Goethe, Herder, Schiller. Die Werke dieser Männer
sind Gemeingut des deutscheu Volkes geworden.