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Vierter Zeitraum.
3. Die Verleihung Brandenburgs an die Hohenzollern (1415).
Die schwäbischen Hohenzollern hatten unter Heinrich VI. die Burg-
grafenwürde ven Nürnberg erhalten. Durch Kauf und Erbschaft
erweiterten sie ihre fränkischen Besitzungen und bildeten daraus
die beiden Fürstentümer Ansbach und Bayreuth. Zum Danke für
verschiedene Dienste erhielt Burggraf Friedrich VI. von Siegmund
die Mark Brandenburg mit der Kurwürde, Friedrich trat den Aus-
schreitungen der trotzigen Ritter kräftig entgegen; hiebei leisteten
ihm die „Donnerbüchsen‘“ die besten Dienste, weil durch sie auch
die stärksten Burgen gebrochen wurden.
V. Der Verfall der Kirche und des Papsttums;
die Reformbestrebungen und die Hussitenkriege.
1. Der Verfall des Papsttums und das große Schisma. Klemens V.,
der zweite Nachfolger des Papstes Bonifaz VIIIL., verlegte seinen
Sitz nach Südfrankreich; fast 70 Jahre lang (1309—1376) resi-
dierten nun die Päpste in Avignon („babylonisches Exil“). Sie
gerieten dadurch in Abhängigkeit von den französischen Königen
(S.106 u. 127); anderseits suchten einzelne von ihnen, um ein
glänzendes Hofleben führen zu können, durch verschiedene Mittel
ihre Einkünfte zu erhöhen. Solche Mittel waren: a) Die Annaten,
d.h. die Bezahlung mindestens des halben Jahreseinkommens der
Kirchenfürsten bei ihrer Einsetzung; b) die Reservationen, wonach
die kirchlichen Ämter, deren Inhaber am päpstlichen Hofe starben,
vom Papste besetzt werden sollten; c) die Expektanzen, denenzufolge
die Päpste einzelnen Personen im voraus einträgliche Ämter zu-
sicherten; d) die Unionen und Inkorporationen, d.h. die Verleihung
zahlreicher kirchlicher Ämter an einen einzigen Geistlichen, der
infolgedessen sehr bedeutende Einkünfte bezog. Darunter litf die
Kirche in sittlicher Beziehung, wie sie denn auch allmählich auf-
hörte, an der Spitze der geistigen Bewegung zu stehen.! Das Übel
wurde noch größer, als das große Schisma (das längste, 1378 bis
1415) ausbrach.
Infolge des Drängens Karls IV. übersiedelte nämlich Gregor XI.
nach Rom; als er aber schon im folgenden Jahre starb, wählten von
nun an die italienischen Kardinäle in Rom Päpste, während die
französischen Kardinäle Päpste wählten, die ihren Sitz in Avignon
Um 1290 bekennen der Abt und das Kapitel von St. Gallen, daß sie nicht
schreiben können.