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beit und waren so frei von Habsucht und Eigennutz, dass sie Gütergemeinschaft
unter sich einführten. Sie lebten meistens ehelos und legten nur bei der Aufnahme
in den Bund einen Eid ab. Jedes aufgenommene Mitglied erhielt eine Schaufel,
einen Schurz und ein weisses Gewand, als Zeichen der Arbeitsamkeit und Rein¬
lichkeit. Die nur aus Männern bestehende, fern von allen weltlichen Freuden
lebenden Essäer fanden nicht nur in Judäa, sondern auch in ändern Gegenden,
besonders in Aegypten, starken Anhang. Sie glaubten an die Unsterblichkeit
der Seele und an eine ewige Vergeltung. In der Moral war ihr Hauptgrundsatz
die Liebe: Liebe zu Gott, zu dem Nächsten, zur Tugend. So anerkennenswerth
nun auch die Grundsätze der Essäer waren, so musste doch ihre beschauliche
Lebensweise, ihre ängstliche Enthaltsamkeit, ihre Abgeschiedenheit, ihre Vorliebe
für die Engellehre, zu dünkelhafter Selbstüberschätzung, die geringem Geister
hingegen zum Glauben an Wunderthäterei verleiten und auf das leichtgläubige
und zum Wunderbaren geneigte Volk schädlich wirken.
Zweiter Abschnitt.
Ton der unbestrittenen Herrschaft der Makkabäer
bis zur Zerstörung Jerusalems (135—70).
§ 1. Johann Hyrkan und seine Nachfolger (135—40).
Dem ermordeten Simon folgte sein Sohn Jochanan oder Johann, mit dem
Beinamen Hyrkan, als Fürst und Hoherpriester. Um den Tod seines Vaters zu
rächen, belagerte er den Mörder Ptolemäus in der Feste Dok, musste jedoch un¬
verrichteter Sache abziehen. Hyrkan war überhaupt im Anfänge seiner Regierung
vom Glück wenig begünstigt. Im Jahre 133 fiel Antiochus Sidetes mit einem
grossen Heere in Judäa ein, belagerte Jerusalem und zwang Hyrkan, die Waffen
auszuliefern und einen Tribut von 500 Talenten zu zahlen. Aber bald benutzte
er die nach dem Tode des Sidetes ausgebrochenen Thronstreitigkeiten, seine Macht
zu vergrössern: alle Städte, welche die Syrer ihm abgenommen hatten, eroberte
er zurück, unterwarf sich die Samaritaner, welche sich mehrere hundert Jahre
feindselig gegen die Juden gezeigt hatten, und die Idumäer, welche er unkluger¬
weise zur Annahme des Judenthums zwang. Johann Hyrkan, der Judäa Selbst¬
ständigkeit und Macht verschaffte und den Königstitel annahm, starb nach einer
31jährigen Regierung (106). Kurz vor seinem Tode verliess er wegen einer von
einem gewissen Eleasar ihm zugefügten Beleidigung die Pharisäer und ging zu
den Sadducäern über.
Nach seinem Tode bemächtigte sich sein Sohn Juda Aristobul des
Thrones. Seine Mutter und seine drei Brüder liess er ins Gefängniss werfen,
seinen Lieblingsbruder Antigonos, den seine Gemahlin Salome Alexandra bei