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Gesandten in Paris. Dieser trat mit dem festen Entschluß in das Mini¬
sterium, Preußen aus seiner von Oesterreich abhängigen Stellung zu be¬
freien und es zum Haupte eines engeren deutschen Bundes zu machen.
Da aber „große Fragen nicht durch Kammerreden und Majoritätsbe¬
schlüsse, sondern durch Blut und Eisen entschieden werden", so wurde
die begonnene Heeresverbesserung energisch durchgeführt, trotzdem ein Ein¬
vernehmen auch mit den weiteren Landtagen unmöglich war. Weil Bis¬
marck erklärt hatte, die Regierung befinde sich in der Nothwendigkeit, den
Staatshaushalt ohne die in der Verfassung vorausgesetzte Unterlage führen
zu müssen, so erreichte der Kampf zwischen Regierung und Volksvertre¬
tung die bedenklichste Höhe, und auch die Masse des preußischen Volkes
wurde von Mistrauen gegen jene erfüllt.
6. Unter diesen Umständen glaubte Oesterreich, einen Schlag gegen
Preußen führen zu können, besten Schwere die Macht desselben am Bundes¬
tage auf immer vernichten sollte. Kaiser Franz Joseph eröffnete am
15. August 1863 einen Fürstentag in Frankfurt, welcher nach kurzer
Berathung eine neue Verfassung für Deutschland genehmigte. In dem
Directorinm von sechs Mitgliedern sollte Preußen nur eine Stimme haben,
in dem Plenum von 65 Stimmen wie Oesterreich nur vier, dagegen die
vier anderen Königreiche nebst Baden 25, die 26 kleinen Staaten zu¬
sammen 32 Stimmen. Bei solcher Bettheilung der Stimmen glaubte man
Preußen bei jedem wichtigen Anlaß überstimmen zu können, zumal da ihm
ein Widerspruchsrecht nicht zugestanden wurde. Da König Wilhelm, welcher
der späten Einladung zu diesem Fürstentage nicht gefolgt war, vergeblich
Abänderung dieser Verfassung beantragte, bei welcher überdies der Volks¬
vertretung eine ganz untergeordnete Nebenrolle zugedacht war, so blieb
dieser Versuch zu einer neuen Einigung Deutschlands erfolglos, da der
König feine Zustimmung versagte. Um so auffallender war es, daß
Preußen unmittelbar darauf Oesterreich zu einem Bündnis vermochte, um
gemeinschaftlich die wieder brennend gewordene schleswig-holsteinische Frage
zum endlichen Abschluß zu bringen.
§ 36. Der dänische Krieg 1864.
Am 15. November 1863 starb plötzlich der König Friedrich VII.,
der ungeachtet der Bestimmungen des Londoner Protokolls vom Jahre
1852 dem Andrängen der aufgeregten sogen. „Eiderdänen-Partei" nach¬
gebend, eine neue Regierungsverfassung hatte erlassen wollen, durch welche
Schleswig völlig iu den dänischen Staat einverleibt werden sollte. Trotz
aller Abmahnungen von Seiten Oesterreichs und Preußens unterzeichnete sein
durch die Londoner Konferenz bestimmter Nachfolger, König Christian IX.
Verwaltung Uber und kam an die Regierungen zu Aachen und dann zu Potsdam.
Seit 1839 verwaltete er das väterliche Gut Kniephof. Nach des Vaters Tode (1845)
erhielt er auch das Stammgut Schönhausen. Er wurde Deichhauptmann, Mit¬
glied des sächsischen Provinziallandtags und 1847 des vereinigten Landtags in
Berlin. Hier wurde er in der zweiten Kammer Führer der konservativen Partei.
1851 wurde er zum preußischen Gesandten am deutschen Bunde ernannt. 1859 — 62
war er Gesandter in Petersburg, seit Mai 1862 in Paris. Für seine großen
Verdienste wurde er 1865 in den Grafenstand und 1871 in den Fürstenstand erhoben.