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III. Länder- und Völkerkunde.
der Missouri, der Ohio und der Arkansas, in der Reihe gro¬
ßer Continentalströine. Dieses ganze Stromsystem hebt und belebt den
ganzen Westen Amcrika's; schon jetzt ist es von gewaltiger Bedentnng
für Handel und Wandel, trügt aber überall die deutlichsten Spuren
einer noch viel Hähern zukünftigen Wichtigkeit. — Und diese beiden
amerikanischen Flnßriesen stehen nicht isolirt da, es fehlt ihnen nicht an
ebenbürtigen Genossen ihres Landes. Neben dem Amazonen ströme
fließt in Südamerika auch der Laplatastrom, dessen Lauflänge nicht
weniger denn 470 Meilen ausmacht und der mit seinen Zweigen eine
Landfläche von 60,000 Q.-M. reichlich mit Wasser versorgt. An der
Seite des Mississippi in Nordamerika steht der St.-Lorenzström
mit einer Lanflängc von 460 Meilen und auch fast 60,000 Q.-M.
Stromgebictsfläche.
Die alte Welt vermag es nicht, etwas Aehnliches auszuweisen; denn
der allergrößte ihrer Flüsse, der Jan-tse-Kiang in China, besitzt
nur eine Stromlänge von 600 Meilen. Der Ganges und der Nil
sind noch viel weniger im Stande, sich mit Amerika's Stromfürsten zu
messen. Die Wolga, der größte Fluß Enropa's, entwickelt doch nur
eine Lanflünge von etwa 400 Meilen. Und wollten wir uns die Mühe
nehmen, in America Ströme aufzusuchen, welche mit dem Vater
Rhein von gleicher Größe wären, so würden wir sie zu Hunderten
zählen können.
Die Zahl der Seen ist in Amerika auch sehr groß, besonders im
Norden. Die Gruppe der großen canadischen Seen, so charakteristisch
für diesen ganzen Continent, findet nirgends ihres Gleichen. Sie ent¬
hält zugleich die größten Seen der Welt und die größte vereinigte
Menge süßen Wassers der sämmtlichen Festlande. Die gewaltigen Süß-
wasscrscen in Verbindung mit dem Seesystem des St. Lorenz bilden
eine Oberfläche von mehr als 6000 Q.-M., ja, man hat ausgerechnet,
daß sie ungefähr die Hälfte des gesummten süßen Wassers der gan¬
zen Crdc ausmachen. Auch sie stehen nicht allein in diesem wasser¬
reichen Welttheile. Cin Blick auf die Karte wird uns lehren, daß im
Norden noch eine Menge anderer Seen vorkommen, welche nur etwas
geringere Ausdehnung besitzen. Der Athapescow-, Winnipeg-,
Sklaven- und Bären-See sind alle würdige Seitenstücke zn den
canadischen und St.-Lorenzo-Seen.
Flüsse und Seen sind überhaupt in einem Lande die sprechendsten
Beweise des Wohlstandes. In Amerika bilden sie aber ganz vorzugs¬
weise den Punct des ausgezeichnetsten Glückes, des viel gerühmten
Stolzes. Kein anderer Erdtheil besitzt das Wasser so vielfach, so aus¬
gedehnt, so inasscnhaft und so schiffbar. All dieser Wassersegen dient
aber nicht bloß zur beständigen üppigen Befruchtung des Bodens, son¬
dern er bildet schon jetzt die Handels- und Verbindungswege zwischen
allen Theilen dieser großen Welt und wird es in Zukunft noch viel
mehr sein.
So herrscht also das flüssige Element, das Wasser, in der neuen