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sie nun den Abzug der Ungarn erfuhren,. folgen sie denselben auf Seiten¬
wegen nach, greifen die Späher, welche von weitem dem großen Haufen
nachzogen, von vorne an und töteten einige; einen aber führten sie ver¬
wundet als Gefangenen fort. Die Übrigen, welche durch Flucht entkamen,
gaben der Menge Hörnerzeichen, damit sie sich hüte. Die Ungarn besetzen
rasch die Felder und die Ebenen und stellen die Schlachtordnung her,
indem sie die Karren und das übrige Gepäck ringsum anbringen. Dann
teilen sie bie Nacht in Wachen, lagern sich im Grase und geben sich still¬
schweigend dem Weine und dem Schlafe hin. Am frühesten Morgen aber
laufen sie in die nächsten Dörfer, spüren nach, ob die flüchtigen Bewohner
etwas zurückgelassen, und rauben. Und alle Gebäude, an denen sie vorüber¬
ziehen, verbrennen sie.
3.
Engilbert aber ging mit einigen kühnen Männern, nachdem er bie
Übrigen auf bie Burg zurückgeschickt hatte, uach dem Kloster, wobei er
vorsichtig späht, ob nicht Ungarn zurückgeblieben seien. Weil er mit der
Narrheit des Bruders Heribald, der von guter Abstammung war, Mitleid
hatte, forschten sie sorgfältig nach, ob sie nicht wenigstens seinen Körper
zur Bestattung finden könnten. Da sie ihn nirgends fanden, bejammerte
ihn Engilbert, falls ihn die Feinde als Sklaven mit sich fortgeführt hätten.
Nachdem er sich auch darüber verwundert, daß die Weinfässer von den
überaus trunksüchtigen Feinden verschont geblieben seien, brachte er Gott
seinen Dank. Dann sangen sie leise die Morgenlobgesänge über das hl.
Kreuz und verwunderten sich über die vorn ausgebrannten Türpfosten und
die verkohlte getäfelte Decke. Indem sie rasch vom Kloster hinwegeilen,
untersuchen sie stillschweigend das Klausnerhäuschen der Wiborada neben
der St. Mangkirche, ob dieselbe lebe. Und als sie dieselbe tot sin den,
überschreiten sie ohne Zandern den nächsten Berg und suchen durch die
ihnen bekannten Wildnisse rasch wieder ihren festen Platz auf. Unterwegs
waren sie von Furcht erfüllt, es möchten Feinde ihnen folgen, die im
Hinterhalte zurückgeblieben wären. Dennoch waren sie darauf gefaßt,
entweder tapfer zu sterben oder sich männlich zu verteidigen.
Mit Mühe vom Priester überredet, hatte Heribald mit demselben
den Gipfel des nächsten Berges bestiegen und hielt sich da die Nacht über
zwischen Gebüsch und Strauchwerk verborgen. Nachdem sie die Feste von
detn Berge aus erblickt hatten, kamen beide am frühen Morgen dahin.
Wie aber die Wächter sie von weitem sahen und in der Finsternis für
Späher hielten, riefen sie den Gefährten zu. Diese brechen behend heraus,
erkennen den Heribald, zögern aber zuerst wegen des Priesters. Sie
nehmen ihn jedoch in die Burg aus, und indem sie dessen ganzes Unglück