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137. Einzug der bayerischen Truppen in München.
Herren mit huldvollen Ansprachen auszeichnete; dann wurde im genannten
Saale an langen Taseln zu Füßen der Gemälde Platz genommen, welche die
Kriegstaten während der Feldzüge im Beginn des Jahrhunderts verherrlichen.
Ruhmvolle Siege hatten die Ahnen erkämpft, die Enkel hatten sie übertreffen!
Nicht in gemessener Etikette schmausten die Kriegshelden, nicht nach dem Rang
geordnet faßen die Reihen, sondern wie der Zufall den Kameraden zum Kame¬
raden gesellte, und vor der freien Weife des Feldlagers flüchtete der feffelnde
Zwang der Hofluft. Sinnend ließ die Majestät wiederholt das ernste, vom
Schatten der Schwermut angehauchte Auge über die glänzende Versammlung
schweifen, dann erhob er sich und trank auf das Wohl feiner treuen, tapferen
Armee — und zum Kronprinzen sich wendend — auf das ihres erlauchten
ruhmgekrönten Führers. Ehrfurchtsvoll lauschten die Offiziere dem nicht laut
gesprochenen, aber deutlich im weiten Raume vernehmbaren Toaste ihres Aller¬
höchsten Kriegsherrn, worauf der Kronprinz mit hellen, gleich Trompeten-
fansaren klingenden Worten erwiderte, indem er anführte, wie vor Jahresfrist
Frankreich Preußen zum Kriege herausgefordert habe, wie nur die Bnndestrene
unseres Königs und feine rasche nationale Tat einen so glänzenden Beginn
und Ausgang des Krieges ermöglichte, wie das dem Bayernkönig nie vergessen
fei und wie dereinftens die Geschichte ihn deshalb hoch feiern werde für alle
Zeit. Zum Schluffe forderte er die Waffengenoffen auf, einzustimmen in das
Hoch auf Seine Majestät den König! Zündend wirkten diese von lohender
Begeisterung getragenen Worte unseres gefeierten Feldherrn, branfende Hoch¬
rufe folgten seinen Worten und majestätisch erklang die Königshymne.
Bald nach Aufhebung der Tafel, um 7 Uhr, begann die Feftvorftellung
im prachtvoll beleuchteten Hoftheater, das mit glänzenden Uniformen gefüllt
war. Als der König mit dem Kronprinzen, der Königin-Mutter und dem
Prinzen Otto die königliche Loge betrat, empfing das ganze Haus die Allerhöchsten
Herrschaften mit donnernden Hochrufen, worauf der Kronprinz an die Brüstung
trat um sich zu bedanken. Auf das fortdauernde Rufen trat auch der König
hervor und verneigte sich freundlich lächelnd nach allen Seiten. Nach Webers
Jubelouverture sprach Hoffchauspieler Poffart einen weihevollen Prolog. Der¬
selbe feierte den Heldenführer der III. Armee, dem bei den Worten: „Heil
Friedrich Wilhelm, Deutschlands erstem Ritter!" alle Anwesenden zujubelten.
Noch höhere Begeisterung entflammte der Schluß des Prologes, der dem
Frenndesbnnde Ludwigs und Friedrich Wilhelms galt, in ihre Hände lege
Jungdeutfchlaud vertrauensvoll fein ferneres Geschick. Beide Fürsten erhoben
sich hierbei Haud in Hand und erweckten damit neuen stürmischen Jubel. Mit
dem Feftspiel Paul Heyses: „Der Friede" endete die Feier.
Als wir das Theater verließen, traten wir in ein strahlendes Lichtmeer
hinaus; die Stadt hatte beleuchtet, Straßen und Plätze boten einen märchen¬
haften Anblick und eine ungeheuere Menschenmenge wogte hin und her. Die
freudige Feftftimmung steigerte sich auf das höchste, als der König mit dem