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zornig und schalt ihn heftig: „Wahrlich, unversöhnlichen Haß trägst
dn gegen Kriemhilde; lange genug haben wir dich gewähren lassen,
allzuviel des Bösen ist ihr schon geschehen auf deinen Rat. Wenn sie
Rüdeger folgen will, soll man sie nicht hindern." Unmutig schwieg
Hagen, als er alle gegen sich sah. Markgraf Gere aber ging hin
und meldete Frau Kriemhilde die Botschaft. Doch heftig wies sie ihn
ab uud verstand sich nur zu dem einen, daß sie den Boten Etzels em¬
pfangen wollte. Und als dieser am nächsten Tage zu ihr kam, blieb
sie wieder bei ihrer Rede, daß sie nimmer Siegfrieds vergessen und
nie eines andern Weib werden könne. Selbst der treue Giselher und
die ehrwürdige Mutter vermochten nicht ihren Sinn zu ändern. Trau¬
rig über die Abweisung kam Rüdeger wieder, sich zu verabschieden und
die Botschaft an Etzel zu fordern. „Nirgend, Frau Königin," sprach
er, „würdet Ihr treuere Dienste finden, als im Hunnenlande. Immer
will ich Euch in Treue ergeben sein, jedes Leid von Euerm Haupte ab¬
wehren, jede Unbill, die Euch geschieht, mit allen Kräften rächen."
Dieses Wort fand Widerhall in Kriemhildens Herzen, denn sie ge¬
dachte, daß sie vielleicht durch Rüdegers Dienste ihres Gatten Mord an
Hagen rächen könnte, und sie fragte: „Wollt Ihr mir schwören, was
Ihr da gesagt?" Und Rüdeger schwur es mit allen seinen Mannen.
Da willigte sie ein Etzels Weib zu werden. Und unverzüglich hieß sie
ihre Mägde und Mannen sich zur Abfahrt bereiten. Der treue Mark¬
graf Eckewart, welcher ihr einst schon nach Niederland gefolgt war,
wollte sich auch jetzt nicht von seiner Herrin trennen. Mit fünfhundert
Mannen begleitete er sie in das Ungarland. Als nun Kriemhilde die
Reiseschreine mit Gewand und Kostbarkeiten füllen ließ, wollte sie
auch das Gold mitführen, welches ihr noch vom Nibelungenschatz übrig
war. Das suchte wieder ihr unversöhnlicher Feind Hagen zu hindern,
weil er fürchtete, daß sie zu seinem Schaden damit Anhang gewinnen
möchte. Aber die Brüder wollten sie nicht mehr kränken lasten, und
Gemot öffnete die Schatzkammer. Rüdeger jedoch mahnte die Herrin
das Gold unberührt zu lassen, da sie auch ohne dies die reichste Königin
auf Erden würde.
19. Kriemhilde als Hunnenkönigin. Darauf traten sie die
Fahrt zum fernen Osten an. In Bayern ward Kriemhilde von ihrem
Oheim, dem Bischof Pilgrim von Paff au, begrüßt, der ihr in
seiner Freude auch ein Stück Weges das Geleite gab. An der Traun
erwartete Markgraf Rüdegers Gattin Gote linde die neue Gebie¬
terin und führte sie nach Bechlaren. Ties hinein nach Österreich, bis