Full text: Erzählungen aus der deutschen Geschichte

— 118 — 
der König ein rechtschaffener Mann war, der es mit feinem 
Lande wohl meinte. Aber feine Vorfahren auf dem Throne 
hatten freilich arg gesündigt, unb die Liebe zu dem Königshause 
war in ben Herzen ber Franzosen längst erstorben. Sie wollten 
hinfort gar keinem Könige mehr unterthänig sein und verwan¬ 
delten den Staat in eine Republik. Allein in dem neuen 
Freistaa te fand bie rechte Freiheit keine Statte. Vielmehr 
kam bie Regierung eine Zeitlang in bie Haube roher, blutgieriger 
Verbrecher, bie eine grauenvolle Schreckensherrschaft 
übten. Da würben in Paris Tag für Tag Menschen auf bas 
Blutgerüst geschleppt unb viele unschnlbigen Bürger, viele 
Hochverbienten, ausgezeichneten Männer unter ber nichtssagen- 
bert Beschulbigung, „Feinbe der Freiheit" zu sein, schmählich 
hingeschlachtet. Wilder Aufruhr, blutiger Bürgerkrieg durch - 
tobte das ganze Land. Schon drohte das gewaltige Revolutions¬ 
feuer bie französischen Grenzen zu überschreiten unb auch bie 
Nachbarlänber in Brand zu stecken. Das erregte namentlich bei 
den d eutf ch en Fürsten Besorgnis,und dasschrecklicheSchicksal, 
welches über den König von Frankreich ergangen war, schien sie 
aufzufordern, die Königsfeinde und Königsmörder zu züchtigen. 
So verbanden sich Österreich, Preußen, das übrige Deutschland, 
England, Holland und andere Staaten gegen das aufrührerische 
Frankreich. An allen feinen Grenzen loderte die Kriegsflamme 
empor. In dieser Gefahr entfalteten die Franzosen eine 
staunenswerte Tapferkeit. Von wildem Freiheitstaumel hin¬ 
gerissen , eilten zahlreiche Heeresmassen in den Kampf, fochten 
mit todverachtendem Mute auf den Schlachtfeldern, und schützten 
nicht allein das eigene Land gegen die herandringenden Feinde, 
sondern eroberten bald auch die benachbarten Länder Belgien, 
Holland und das linksrheinische Deutschland. Diese raschen 
Fortschritte der Franzosen wurden hauptsächlich auch dadurch 
ermöglicht, daß unter den Verbündeten selbst, namentlich zwi¬ 
schen Österreich und Preußen, Streit ausgebrochen war. Es 
kam endlich soweit, daß Preußen vom Kriege zurücktrat und für 
sich allein mit Frankreich Frieden schloß. Um so leichter siegten 
nun die Franzosen über die übrigen Feinde. Die glänzendsten
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.