Full text: Erzählungen aus der deutschen Geschichte

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herzliche Reue und Buße zur Vergebung führen könne. Hiermit 
hat das R e f o r m a t i o n s w e r k begonnen. 
3. Lossagung vom Papste. — Luthers Sätze 
machten gewaltiges Aufsehen. Jedermann las sie mit Begierde. 
Als wären die Engel selbst die Botenlänfer gewesen, so waren 
sie in wenigen Wochen durch ganz Deutschland, ja bald durch 
ganz Europa in vielen tausend Abdrücken verbreitet. Allerorten 
sprach man von dem mutigen Mönche in Wittenberg, und was 
noch aus der Sache werden möchte. Sobald der Papst von 
dieser Bewegung hörte, befahl er, Luther solle in Rom erscheinen, 
um sich zu verantworten. Hier erwartete diesen schwere Strafe, 
aber glücklicherweise ging er nicht hin. Sein Landesherr, der 
Kurfürst Friedrich der Weise vou Sachsen, hatte den 
frommen und freimütigen Mann so lieb gewonnen, daß er fest 
erklärte: „Ich lasse es nicht zu, daß man den Doktor Luther 
nach Rom schleppt. Man mag ihn in Deutschland verhören." 
Das geschah denn auch. Der Papst schickte einen Gesandten; 
der ließ Luther vor sich nach Augsburg kommen und sprach zu 
ihm: „Widerrufe deinen Irrtum!" Luther aber antwortete: 
„So beweiset mir doch, Herr, aus dem Worte Gottes, daß ich 
Unrecht gelehret." Solches aber vermochte der Päpstliche nicht; 
darum fing er an zu schelten und zu drohen, und ries: „Komme 
nicht wieder vor mich, du wollest denn einen Widerruf thun." 
Luther kam auch nicht mehr, sondern da er böse Anschläge gegen 
seine Sicherheit fürchtete, verließ er heimlich die Stadt und 
eilte nach Wittenberg zurück. Auch ein zweiter Abgeordneter 
des Papstes richtete nichts aus. Doch hätte Luther gerne ge¬ 
schwiegen, denn er wollte nicht Hader und Zank in der Kirche 
erregen; aber da seine Widersacher ihn als Ketzer ausschrieen 
und die herrschenden Mißbräuche zu verteidigen wagten, so 
durfte er nicht unterlassen, dagegen seine Stimme zu erheben. 
Immer kräftiger zeugte er nun wider die mancherlei Gebrechen 
der Kirche, immer lauter und gewaltiger verkündete er die Lehre 
der heiligen Schrift als den rechten Grund, auf welchem die 
Kirche zu stehen habe. „Nicht der Papst in Rom," fprach 
er, „sondern Jesus Christus ist das Haupt der Christenheit."
	        
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