186 DeS Kurfürsten Ende.
men, und die Sanduhr meines Lebens wird bald abgelaufen sein. Was für
eine langwierige, mühsame unb mit schweren Kriegen stets beunruhigte Re¬
gierung ich gehabt, ist aller Welt zur Genüge bekannt. Hierburch haben meine
lieben Unterthanen wiber allen meinen Willen nothwenbig gar sehr mitge¬
nommen werben müssen. Dem allen ungeachtet hinterlasse ich Euch durch
Gottes Gnade anjetzo Eueren Staat in Frieden und ziemlichem Wohlstände
wenigstens weit blühender, als mir berselbe von meinem in Gott nihenben
Herrn Vater hinterlassen worben. Mein Ziel war baraus gerichtet, mein
kurfürstliches Haus in Ruf, Flor und Ansehen zu bringen. Ich zweifle nicht,
mein Sohn, Ihr werdet, wie in der Regierung, also auch in denen Staats!
maximen, wodurch ich den Staat glücklich beherrschte, mein Nachfolger sein,
vor allen Dingen Gott vor Augen haben, Euere Unterthanen herzlich liebes
treue Räthe hören unb ihnen folgen, und das Heft der Waffen nicht aus den
Händen lassen, benn baburch muß nächst göttlicher Hülfe bie Sicherheit Euerer
Länber unb ber so sauer erworbene Ruhm bes Kurhauses Branbenburg haupt¬
sächlich maintenirt werben. Mit allem Fleiße seib baraus bebacht, ben Ruhm,
welchen ich Euch als ein Erb theil hinterlasse, zu wahren unb zu mehren."
Hieraus zu den Räthen gewandt, dankte er ihnen für die ihm bewiesene
Treue unb redlichen Dienste unb sorberte sie auf, solche hinsüro auch seinem
Sohne zu erweisen. „Ich hätte herzlich gewünscht," fügte er hinzu, „meinen
armen Unterthanen noch vor meinem Enbe einige Erleichterung zu schaffen;
baß ich aber bazu nicht gelangen können, ist ben bisherigen trübseligen Zeiten
unb anhaltenben Unruhe, wie Ihr selbst am besten wisset, zuzuschreiben."
Alle Anwesenben waren tief ergriffen. Der Kurprinz konnte vor Weh-
muth unb Schluchzen seine Danksagung nicht vollenben unb ber alte Herzog
von Schömberg als Erster im Rathe, nach ihm alle Uebrigen, nahmen unter
Thränen Abschieb von bem geliebten Herrn. Dieser war bavon so gerührt,
baß er nicht mehr sprechen konnte unb nur mit ber Hand seine große Freube
über ihre Anhänglichkeit zu erkennen gab. Daraus schritt man noch zum Vor¬
trag einiger wichtiger Staatsangelegenheiten, welche ber geistesstarke Mann
mit so gelassenem Gemüthe unb so scharfsinnigem Verstaube beurtheilte, als
wäre er bei vollkommener Gesuubheit.
Nach beenbigter Rathssitzung ließ er sich wieber in sein Schlafgemach
bringen, wohin er den Kurprinzen allein berief. Mit nachdrücklichen und
rührenden Worten ermahnte er benfelben hier nochmals, Allem genau nachzu¬
kommen, was er ihm aus väterlichem, treumeinenbem Gemüthe theils munblich
vorgestellt, theils schriftlich hinterlassen habe, sofern er ber göttlichen Gnabe
unb ber Kraft bes väterlichen Segens theilhaftig werben wollte. Der Kur¬
prinz warf sich zu seinen Füßen unb bat ihn um Verzeihung ber Fehler, bie
er begangen, und um seinen Segen. Der Vater segnete ihn. Dann schenkte
er allen Angehörigen unb Dienern werthvolle Gaben ber Erinnerung und
suchte seine in lauten Schmerz ansbrechenbe Gemahlin zu trösten, inbem er
zu ihr sprach: „Wie nun, liebste Gemahlin, ich bitte, faßt Euch ein wenig!
es muß bcch einmal geschieben sein unb eins bem anbetn vorangehen. Vor
mich habe ich genug gelebt unb von meinem Gotte unzählige Wohlthaten em¬
pfangen. Wäre es benn nicht billig, baß ich bemjenigen bie Seele wieder¬
gebe, von dem ich sie erhalten? Ich bin bereit, dieses sterbliche Leben nach