Full text: Reallexikon des classischen Alterthums für Gymnasien

636 Leager — L 
chis zwischen den Flüssen Phasis und Bathhs; 
die Hauptstadt Archaiopolis laß ans steiler Fels¬ 
höbe am Phasis. 
Leager, Asaygog, Sohn des Glankon, ein 
vornehmer Athener, führte 465 v. C. mit dem 
Dekeleier Sophanes 10,000 athenische Ansiedler 
nach Thrakien, um Enneahodoi (später Amphipo- 
lis) zn bevölkern. Dieser erste Colonisationsversnch 
inislang: da die Colonisten ins Innere drangen, 
wurden sie bei Drabeskos von den Thrakern über¬ 
fallen und niedergemacht. Thue. 1, 100. Hdt. 
9, 75. 
Leaina, Ascuvcc, athenische Hetäre, die auch 
auf der Folter nicht die Verschwörung des Har¬ 
modios und Aristogeitou verrieth. Zu ihrem An¬ 
denken errichteten die Athener ein Standbild, eine 
Löwin ohne Zunge darstellend. Paus. 1, 23, 1. 
Leander, AiavSgog, ein Jüngling zu Abydos, 
der allnächtlich zu der vou ihm geliebten Hero, 
einer Priesterin der Aphrodite zu Sestos. geleitet 
von der Leuchte auf dem Thurme zn Sestos, über 
den Hellespont schwamm. Aber in einer stürmi¬ 
schen Nacht, in welcher die Leuchte erlosch, wurde 
er ein Raub der Wellen. Als Hero am Morgen 
seinen Leichnam am Ufer sah, stürzte sie sich zu 
dem Geliebten hinab. Die Sage ist in einem 
kleinen Epos von Mnsaios (s. Musaios, 4.) be¬ 
handelt-. Ov. Her. 18. 19. 
Learchos s. Athamas. 
Lebadeia, AsßaSsia, i. Livadia, Stadt Boio- 
tiens westlich von der Kopa'i's am Fuße eines 
Felsens, dem die Quelle Herkpua entströmt. Nach 
Pausauias erwähnt Homer (II 2, 507.) L. schon 
unter dem Namen Mi'Ssik, welches anf dem Fel¬ 
sen selbst lag. Erst nach dem Verfall der übrigen 
Städte hob sich L. bedeutend, und zwar besonders 
durch das berühmte Orakel des Trophonios (Hdt. 
1, 46. 8, 131. Liv. 45, 27 ), welches sich unweit 
der Stadt, schon im 6. Jahrh, von Kroisos befragt, 
oberhalb des heiligen Haines, in dem der Tem¬ 
pel des Trophonios mit einer Statue von Praxi¬ 
teles stand, auf dem Berge befand und eine in 
Form eines bienenkorbartigen Gewölbes nach Art 
der f. g. Thesauren (s. Baukunst, 1.) künstlich 
ausgebaute unterirdische Höhle war. Paus. 9, 
39. 5 ff. 
Lebaia, Aeß.aii], die Residenz eines alt make¬ 
donischen Königs im obern Makedonien, nur von 
Herodot (8. 137 ) genannt. 
Lebedos. Afßsdog', eine in älterer Zeit blü¬ 
hende ionische Stadt in Lydien, 4 Meilen nord¬ 
westlich von Kolophon gelegen. Als Lpsimachos 
einen Theil ihrer Bewohner nach Ephesos ver- 
vflanzte. tank die Stadt bedeutend und war zu 
Horaz' Zeit unbedeutend (ep. 1, U. 7.). Einiger¬ 
maßen hoben dann die feierlichen Wettkämvfe zn 
Ehren des Dionysos die Stadt wieder, welche von 
der dem Gotte geweihten Schauspielertruppe ge¬ 
geben wurden, die von Myonnesös (früher in 
Teos) hieher versetzt wurde. Hdt. 1, 142. Thue. 
8, 19. Strab. 14, 643. 
Leben, A?ßr/v, A?ßr,va, die Hafenstadt von 
Gortyn auf Kreta, dem Namen nach eine alt- 
phoinikische Ansiedelung. In der Mitte des Orts 
lag ein berühmter, viel besuchter Tempel des 
Asklepios. Strab. 10, 478. 
Lebinthos, Afßivd-ot:, eine kleine Svoraden- 
insel des aigaiischen Meeres zwischen Amorgos, - 
ectisterniimi. 
Kalt,nina nnd Astypalaia, j. Lebitha. Ov. met. 
8, 222. 
Lechaion, Asxa^ov, ein Flecken ant korinthi¬ 
schen Meerbusen. 12 Stadien nördlich von Korin¬ 
th os nnd mit dieser Stadt durch Mauern ver¬ 
bunden, Hafen für die von Westen kommenden 
Schiffe, welche in einem künstlichen Baffin sichere 
Aufnahme fanden; auch Hauptstation für die 
Kriegsflotte. Xen. Hell. 4, 4, 17. Ages. 5, 17. 
S. Kor inthia, 4. 
Lectlca, cpogsiov, das in Griechenland, Asien 
und Rom gewöhnliche Tragbett, bestehend ans 
einem Hölzernen Gestell, auf dem eine Matratze 
und ein Kopfkissen lag, und aus 2 langen Quer¬ 
stangen zum Trageu (asseres). In Griechenland 
bedienten sich der Sänften vor der makedonischen 
Zeit eigentlich nur Frauen und Kranke. Nachher 
ward Luxus damit getrieben. Gewöhnlich war 
die lectica wie ein Palankin mit Vorhängen (vela), 
später sogar mit Glasfenstern versehen und über¬ 
haupt auf das Prachtvollste ausgestattet. Reiche 
Leute hatteu ihre eigenen Sänftenträger (lecti- 
carii, calones), natürlich kräftige Sklaven, unter 
den Kaisern in rothe Livree gekleidet. Doch 
konnte man sie auch miethen. Die größte Zahl 
war 8 (octophoros, Cie. Verr. 5, 11.), die ge¬ 
ringste 2, je nach der Größe der lectica und dem 
Rang des Getragenen. Ans Reisen war der Ge¬ 
brauch der Sänften allgemein, in der Stadt aber 
auf Frauen nnd Kranke beschränkt, bis durch die 
Kaiser auch die Männer dazu geführt wurden. 
In einem vornehmen Hanshalte gab es solcher 
lecticae mehrere. Für weniger Bemittelte waren 
dieselben zn miethen, und solche Sänftenträger 
hatten an mehreren Plätzen der Hauptstadt ihre« 
Staudort (castra lecticariorum). — Die Todten- 
bahre und das Paradebett hieß lectica oder 
lectus funebvis, s. Bestattung, II. 
Lectisternium (von lectos sterilere, Polster 
ausbreiten), auch pulvinar und pulvinaria ge¬ 
nannt, bei den Römern ein Götte nun hl, wobei 
die Bildnisse der Götter auf Polster gelegt und 
ihnen Speisen vorgesetzt wurden. Man unterschied 
regelmäßig wiederkehrende und außerordentliche 
Lectisternien. Solche von der ersten Art kamen 
ans dem Capitol zur Zeit der römischen oder 
plebejischen Spiele vor für Jupiter, Juno und 
Minerva. Das Bild des Jupiter wurde auf ein 
Polster geleat, während die beiden Göttinnen ihnt 
zu beiden Seiten auf Stühlen saßen. In meh¬ 
reren Tempeln wurden solche regelmäßigen Götter, 
schmause fast täglich veranstaltet (lectisternia di- 
urna, Liv. 36. 1.). Das Eolleginm, welches die 
ordentlichen Lectisternien besorgte, waren die 
Triumviri, später Septemviri Epulones. Außer¬ 
ordentliche Lectisternien von 3, 8 und noch mehr 
Tagen faubeit bei glücklichen oder unglücklichen 
Ereignissen, die den Staat betrafen, statt und 
wurden immer einer größeren Zahl von Göttern, 
welche paarweise gelegt wurden, gebreitet.' Die 
Anordnung derselben wurde bestimmten Genossen¬ 
schaften übertragen. Mit dem Tempelmahl war 
eine öffentliche Speisung (convivium publicum) 
verbunden. Liv. 5, 13. 12, 10. 40, 59. Cie. LJis. 
3. Cat. 3, 6. it. 10. Ein Lectisternium für blos 
weiblicheGottheiten. nur von verheirateten Fraueu 
gefeiert, scheint sellisternium geheißen zu ha¬ 
ben. Tac. arm. 15, 44. Val. Max. 2, 1, 2.
	        
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