274 II. Die Zeit neuer Staatenbildungen.
am folgenden Tag 100,000 Nationalgarden ausrnarschir-
teil, schüttete der Mont Valerien feine Granaten über sie
aus; zahllose Opfer bedeckten die Ebene, darunter auch
der Vorkämpfer Flonreus. Weil sich nun das Gerücht
verbreitete, die gefangenen Kommunisten werden schrecklich
mißhandelt, ja in Masse erschossen, verhafteten die Pariser
den Erzbischof Darboy (einen ehrenwerthen Nichtultra-.
montanen) und andere Verdächtige, besonders Pfarrer,
und drohten, von diesen „Geiseln" je 3 für einen der in
Versailles Hingerichteten Ihrigen zn erschießen. Immer
hitziger wurde der Kampf, bei den Truppen hieß es bald:
Kein Pardon! aber ihre Fortschritte waren langsame.
Uebrigens konnte auch die Commune nicht ohne Gründung
eines Ordens und Bändchens auskommen.
Als Mcicmcihon, 8. April zum Oberbefehlshaber
ernannt, endlich Kerntruppen genug zusammengebracht
hatte, umgab er den Südwesten von Paris mit einem
Halbkreis von Batterien und bombardirte die Südforts.
Damit wurde auch die Wirthschaft in der Stadt immer
toller; dem neuen Götzen zu Ehren mußten die älteren
fallen. Napoleon I. hatte a. 1810 seine Thaten auf der
130 Fuß hohen Vendornesäule verherrlicht, die aus
einer Unmasse eroberter Kanonen nach dem Muster der
Trajanfäule gegossen war und schon sein 3tes Standbild
trug. Die Commune beschloß 12. April diese Säule als
ein Sinnbild brutaler Gewalt und falschen Ruhms zu
zerstören; durchsägt fiel sie 16. Mai (man hieß ihn aber
26. Floreal) mit aller französischen Kriegsglorie, unter
dem Spiel von Musikbanden in den Mist. Thiers
Eigenthum wurde 11. Mai mit Beschlag belegt und sein
prachtvolles Hotel der Erde gleich gemacht. Schon wurde
auch allen Einwohnern sämmtliches Erdöl abgefordert,
später auch aller Schwefel und Phosphor; matt sah es
auf einen rechten Hexenbrodel ab und war entschlossen,
lieber ganz Paris in die Lust zu sprengen als zu kapi-
tuliren. Schon am 30. April waren die Pulverminen
unter der Börse, den Tuilerien u. a. Prachtbauten fertig.