Full text: Aus der deutschen Geschichte vom Beginne des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart (Teil 3)

— 297 — 
geschmückt mit vielen herrlichen Gestalten, frommen Christen, an die sie sich 
hilfesuchend wenden. Aber das ist alles Nebensache und eitel. Der einzige 
ioelfer und Retter ist und bleibt der Heiland. 
Ich kann Euch nur eins von ganzem Herzen raten für Euer zukünf¬ 
tiges Leben: Schafft und arbeitet ohne Unterlast, das ist der Kern des 
Christenlebens, wie Er es uns vorgelebt hat! Werfet einen Blick in die 
Schrift und leset die Gleichnisse unseres Heilandes! Am schwersten wird 
der bestraft, der nichts tut, der sitzen bleibt, mit dem Strom mitgeht und 
die anderen arbeiten läßt, wie im Gleichnis vom Pfunde. ÄZas auch 
Eure Passionen, was auch Eure Gaben sein mögen, es möge jeder danach 
trachten, auf feinem Gebiete das Beste zu leisten und eine Persönlichkeit 
werden, in seine Ausgaben hineinzuwachsen, in ihnen zu schaffen und sie 
zu fördern nach dem Beispiele des Heilandes. Trachtet vor allem danach, 
daß, was Ihr vornehmt, möglichst stets zu einer Freude für Eure Mit¬ 
menschen werden kann — denn das ist das Schönste, mit anderen sich ge¬ 
meinsam freuen zu können — und wo das nicht möglich ist, daß Euer 
Werk dem Mitmenschen wenigstens zu Nutz und Frommen sein möge, 
wie unsers Herrn arbeitsreiches und tatenfrohes Leben es stets gewesen. 
Dann habt Ihr das erfüllt, was von Euch erwartet wird, dann werdet 
Ihr brave deutsche Männer, tüchtige Prinzen Meines Sauses werden, 
und teilnehmen können an der großen Arbeit, die uns allen beschießen ist. 
Daß Ihr solche Arbeit mit Segen zu ihrem Ziele führen mögt, daß Euch 
Gottes und des Heilands Hilfe dabei nicht fehlen möge, darauf leeren wir 
am heutigen Tage unsere Gläser. Kaiser Wilhelm II. 
131. Der Kaiser unb der Fahneneid. 
Die Soldaten sind an erster Stelle die Söhne des Vaterlandes 
Sie tragen des Königs Rock, und der Kaiser ist ihr Vater und oberster 
Kriegsherr. Der Rekrut verläßt das Elternhaus und die Heimat; er 
legt die gewohnte Arbeit nieder und übernimmt in der fremden 
Garnisonstadt einen unbekannten, schweren Dienst mit vielen Opfern 
und Gefahren. Schon bald rückt der wichtigste Tag im Soldatenleben 
heran: der Rekrut muß den Fahneneid schwören. Gar oft hat unser 
Kaiser selbst an dieser feierlichen Handlung teilgenommen. Dann sieht 
der Rekrut meist zum erstenmal seinen Kaiser und Herrn, er hört den 
freundlichen Gruß und ruft mit klopfendem Herzen: „Guten Morgen, 
Majestät!" 
Nach der Vereidigung richtet der Kaiser väterlich ernste Worte an 
seine jüngsten Söhne, und die Rekruten vergessen ihr Leben lang nicht, 
was sie von ihrem obersten Kriegsherrn selbst gehört haben. „Nach 
dem mir soeben geleisteten Eide", so sprach der Kaiser am 15. November 
1894 zu seinen Rekruten vor dem Königlichen Schlosse, „begrüße ich 
Euch als meine Soldaten. Wenn Ihr gute Soldaten sein wollt, so 
müßt Ihr auch gute Christen sein und Religion im Herzen haben. Als 
Soldaten meiner Garde ist Euch ein besonderes Ehrenkleid gegeben 
worden. Vergeht nicht, daß Ihr den Rock Euers Königs tragt. Haltet 
den Rock in Ehren und bedenkt, daß Ihr den Vorzug genießt, den 
Dienst unter meinen Augen zu tun, und daß Ihr mit Euerm Eintritt 
in das Heer etwas Vornehmes geworden seid. Blickt jetzt auf die 
19*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.