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Fahnen, die vor Euch stehen, und an die sich eine ruhmreiche Geschichte
knüpft. Laßt sie nie beleidigen! Gedenket der Standbilder der Könige
und Führer, die auf Euch herniederschauen, denkt an Euern Eid, dann
werdet Ihr gute Soldaten sein! Vergeht nie, daß Ihr berufen seid
zu Verteidigern unsers Vaterlandes, daß Ihr verpflichtet seid, Ordnung
und Religion im Lande zu schützen! Nun geht hin und tut Euern
Dienst, der Euch auf meinen Befehl gelehrt wird!"
Am 3. Dezember desselben Jahres stand der Kaiser in Kiel vor
seinen Rekruten; aber diesmal waren es die blauen Jungen mit der
offenen Brust und dem flatternden Matrosenbande. Sie hatten soeben
den Eid der Treue abgelegt, und nun ermahnte sie ihr Kaiser, wie ein
Vater seine Söhne ermahnt, wenn sie in die weite Welt gehen. „Der
Eid ist heilig," sprach der Kaiser, . „und heilig ist die Stätte, da Ihr
ihn schwört. Das zeigen Altar und Kruzifix; sie bedeuten, daß wir
Deutsche Christen sind, daß wir allzeit erst Gott die Ehre geben bei
jedem Geschäft, das wir treiben, zumal bei dem höchsten, bei der Aus¬
bildung zum Schuhe des Vaterlandes. Ihr tragt des Kaisers Rock,
Ihr seid dadurch den andern Menschen vorgezogen und gleichgestellt
den Kameraden der Armee und Marine; Ihr nehmt eine besondere
Stelle ein und nehmt Pflichten auf Euch. Von manchen werdet Ihr
um den Nock, den Ihr tragt, beneidet; haltet ihn in Ehren und be¬
schmutzt ihn nicht, und das könnt Ihr am besten, wenn Ihr an Euern
Eid denkt. Ihr zumal, Ihr Seeleute, die Ihr so oft Gelegenheit habt,
die Allmacht Gottes bei den verschiedensten Gelegenheiten auf dem
Wasser kennen zu lernen! Haltet Eure Fahne hoch, die hier schwarz¬
weiß-rot vor Euch steht, und denkt an Euern Eid, denkt an Euern
Kaiser!"
Heinrich Herold, Deutsches Lesebuch von Herold, Reinke,
Zbolffgarten III. A. Dortmund 1910.
132. An das junge Geschlecht.
1. Da reitet der Kaiser! Seht, wie er sitzt,
Wie's ihm vom Rüge leuchtet und blitzt
3n feinen tiefernsten Zügen!
Er weiß was er will, und er kann, was er will,
Lein handeln ist rasch, sein Denken ist still,
Doch fest wie aus Lisengefügen.
2. Ihr habt ihm geschworen den Fahneneid;
3n Krieg und Frieden, in Freud und Leid
Müßt ihr zu ihm stehen und halten.
Und sollt' er euch rufen von Herd und Haus,
So zieht mit dem jungen Kaiser hinaus,
2Dk wir es getan mit dem altert!
3. Was wir errungen mit Strömen von Blut,
Ihr werdet's bewahren mit männlichem Mut
Und nimmer und nimmer es lassen.