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Retter, vergaß 06er späterhin dennoch die Wohltat und gesellte
sich zu Podriebrads Feinden.
Was man lange gefürchtet hatte, traf endlich ein. Die Türken
drangen nach der Einnahme von Konstantinopel nach Westen vor,
stürmten durch Ungarn und fielen in Österreich ein. Weit und breit
wurden alle Orte, die sie erreichen konnten, verwüstet und ver¬
brannt, Tausende von Menschen als Sklaven fortgeführt und viele
ermordet und zu Tode gequält. Währenddessen saß Friedrich in
Regensburg, wohin er die deutschen Fürsten berufen hatte, um sie
um Beistand zu bitten. Aber einesteils überlegten die Fürsten so
viel, daß endlich gar nichts geschah; andernteils zeigte sich der
Kaiser hier wieder so untätig wie immer. Er schlief sogar einmal
in einer der Sitzungen, als der päpstliche Gesandte eben eine Rede
hielt, um die Teutschen zum Kriege gegen die Türken zu ermuntern,
ganz sanft ein, bis ihn der Redner am Ohre zupfte und ihm zu¬
rief: „Durchlauchtigster Kaiser, ich biu nicht hierhergekommen, um
deinen Schlaf zu stören, sondern um deinen Laus zu beflügeln."
Kurz, es wurde gegen die Türken, die man mit ihrer Beute ruhig
abziehen ließ, nichts unternommen.
So träge und gleichgültig war der Kaiser auch in der Regie¬
rung des deutschen Reiches. Die Zügel der obersten Gewalt er¬
schlafften, kleine und große Herren befehdeten sich, und die Geschichte
dieser Zeit ist voller Kriege der Fürsten untereinander. Aus diesem
Wirrwarr müssen wir noch einer Begebenheit gedenken, die sich
1455 in Sachsen*) zutrug: des sächsischen Prinzenranbes.
Es lebte damals in Sachsen Kurfürst Friedrich der Sanft¬
mütige, der mit seinem Bruder, dem Landgrafen von Thüringen,
einen Krieg führen mußte. Dafür wurden einem der Ritter des
*) Das alte Herzogtum Sachsen war bei der Ächtung Heinrichs des Löwen
aufgelöst. Den größten Teil erhielt Abrechts des Bären Sohn, Bernhard von
Askauien. Das Haus 9tManien erlosch 1422, und Kaiser Sigismund belehnte
mit dem ftiirfürstentume Friedrich deu Streitbaren, Landgrafen von
Thüringen und Markgrafen von Meißen, der ihm im Hussitenkriege Beistand
geleistet hatte. Der Sohn dieses Friedrich des Streitbaren war Friedrich der
Sanftmütige.