Full text: Die Wiedertäufer in Münster (5)

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nicht die gewaltige Predigt Bernhard Rottmanns in der 
Lambertikirche den Blinden die Augen geöffnet? Sind 
nicht Johann Windmöller, Heinrich Redeker, Gerhard 
Kippenbrock und viele andere einflußreiche Bürger der 
Stadt eines Sinnes mit Euch? Und ist nicht besonders 
Bernhard Knipperdolling, der Feind der Pfaffen und 
Freund der Bürger, ganz auf der Seite der Unsern? Ich 
verstehe Eure Worte nicht und bitte Euch, mich aufzu¬ 
klären über Eure Befürchtungen!" 
Luther setzte den Becher, den er soeben zum Munde 
führen wollte, wieder auf den Tisch, lehnte sich zurück in 
seinen Sessel und sah dem Sprecher mit seinen hellen 
braunen Augen starr ins Gesicht. „Was," sagte er, „Ihr 
wißt es nicht, was in diesen Tagen in Münster geschehen 
ist? Ihr wißt es nicht, daß schon lange ein Geist anti- 
christlichen, wiedertäuferischen Sinnes in der Bürgerschaft 
gespukt hat, daß im Hause desselben Rottmann, der einst 
zuerst das Evangelium in der Stadt predigte, schändlicher 
Mißbrauch getrieben wird mit dem hochheiligen Sakrament 
der Taufe? Wie lange ist es denn, daß Ihr von Eurer 
Vaterstadt abwesend seid?" 
„Wir sind seit etwa sechs Wochen von dort fern," 
entgegnete Peter. „O Gott, sollte in dieser kurzen Zeit 
doch nein, ich kann es nicht glauben, Ihr müßt 
falsch berichtet sein, ehrwürdiger Vater!" 
Wollte Gott, es wäre so, wie Ihr sagt," antwortete 
Luther mit einem tiefen Seufzer. „Aber leider habe ich 
Ursache, das Schlimmste zu glauben. Seht, ich habe 
gewisse Nachrichten, daß von den Niederlanden her falsche 
Propheten Einzug gehalten haben in Eure Stadt, daß 
Rottmann und viele Eure Mitbürger sie mit Freuden 
empfangen haben, und daß jetzt Zwiespalt ausgebrochen 
ist unter denen, die es ehemals mit uns hielten. O ich 
sehe mit Sorge in die Zukunft Eurer Vaterstadt! Bleibt 
sie nicht treu dem wahren Evangelium, so wird die Zeit 
kommen, wo Gott sie wiederum in die Hände der Papisten 
giebt, weil sie nicht hat erkennen wollen, was zu ihrem 
Frieden dient."
	        
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