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4 Die Luxemburger in der Mark.
Kaiser Karl IV. hatte die Mark zwar für seinen Sohn Wenzel erworben; doch
führte er für diesen 5 Jahre lang die vormundschaftliche Regierung. Das war eine
glückliche Zeit für das geplagte Land. Mit den benachbarten Fürsten wurden Friedens-
vertrage geschlossen und die Ruhe und Ordnung im Innern wieder hergestellt! Bei des
Kaisers Tode erhielt Menzel die Kaiserwürde, und die Mark fiel an dessen Bruder Sigis¬
mund. Sigismund bekümmerte sich gar nicht um diesen Besitz, sondern ließ ihn durch
einen Statthalter (Jobst von Mähren) verwalten, dem es gleich ihm nur darum zu thun
war, das arme Land möglichst gründlich auszunutzen. Bei solchem Regiment riß die alte
Unordnung wieder ein. Die Gewaltthätigkeiten der Raubritter vernichteten allen Wohl¬
stand. Besonders die Quitzows, aber auch die Köckeritz und Lüderitz, die Krachteu, Puttlitz
und Jtzenplitz wurden eine Geißel, und ihr bloßer Name schreckte'das arme Volk. Ein
Zeitgenosse schreibt: „Rauben und Stehlen ist damals in der Mark die größte Kunst
und das beste^ Handwerk gewesen, also daß, je näher jemand den Marken gekommen
ist, er desto gefährlicher gereiset oder gewandert hat." Das Volk pries sich glücklich, als
endlich J411 Jobst von Mähren starb. Dem Kaiser Sigismund schlug das Gewissen,
und er beschloß, der Not des Landes abzuhelseu.
F. Die ersten Kurfürsten aus dem Hause Hohenzollern.
Die älteste Geschichte der Hohenzollern. Die Wiege der Hohenzollern stand
im Schwabenlande. Dort erhebt sich auf einem jener isolierten Bergkegel, welche der
nordwestlichen Steilwand der rauhen Alp vorgelagert sind, noch heute die Stammburg
des Geschlechts. Bereits in der Mitte des elften Jahrhunderts war hier die stattliche
Burg der Zollern erbaut. Die Hohenzollern waren von ihrem ersten Auftreten in der
Geschichte an treue Anhänger der Kaiser und des Reiches, tapfer und rührig, fast alle tüchtige
Männer und stets bestrebt, ihr Haus und sein Ansehen vorwärts zu bringen. Im Jahre
1192 wurde vom Kaiser Heinrich VI. einem Grafen Friedrich von Zollern die Burg¬
grafschaft Nürnberg übertragen. Als Burggraf war er der Schirmvogt der großen Kroiv
güter des Kaisers im Herzogtum Franken, führte die Dienftmaunen der Burg Nürnberg
an, hatte den obersten Militärbefehl in Franken und übte die kaiserliche Gerichtsbarkeit
in Süddeutschland aus.
Dieser Zweig der Hohenzollern, der fortan in Nürnberg saß, bildete die fränkische,
die heutige königliche Linie des Hauses Hohenzollern, während der im Süden verbleibende
Zweig die schwäbische Linie bildet.
Alle hohenzollernschen Burggrafen waren beliebte Ratgeber der Kaiser, aber mich
einflußreiche Führer bei den Kaisermahlen. Als hervorragenden Grundsatz dieser Burg¬
grafen müssen wir ihr Streben hervorheben, ihre fränkischen Besitzungen unaus¬
gesetzt zu vergrößern, abzurunden und zusammenzuhalten. 1398 wurde das Burg¬
grafenamt vou Friedrich VI. übernommen. Friedrich war in den Wirren, die die un¬
glückliche Regierungszeit des Kaisers Wenzel im Reiche hervorrief, stets für das Ansehen
des Reiches bedacht und trat später mit aller Kraft für Sigismund ein. Als dieser
wegen der Krone Ungarns in Kämpfe verwickelt war, stand Friedrich treu zu ihm, so daß
ihm Sigismund durch eine Schuldverschreibung von 20000 Goldgulden den Dank ab¬
zustatten für nötig hielt. Und als es 1410 zur neuen Kaiserwahl kam, empfahl Friedrich
entschieden Sigismund. In Anerkennung der Verdienste des Burggrafen faßte der
neugewählte Kaiser schon 1410 die Übertragung Brandenburgs an Friedrich ins Auge.
1411 erschienen Abgesandte der Mark vor Sigismund und erhoben laute Klage: „Sie
lägen ihm an mit demütigen Bitten, daß er selbst die Mark besuchen und von der
Quitzower Bescherung sie erlösen wolle, denn dies wäre ihr allerhöchstes und herzliches
Begehren." Der König antwortet, daß er selbst nicht kommen könne, aber er wolle ihnen den
Burggrafen Friedrich von Nürnberg senden, „der ihnen behülflich sein soll." Nun stellte
der König am 8. Juli 1411 eine Urkunde aus, in welcher es heißt: . Es habe
ihm geraten und notwendig erschienen, der Mark einen solchen Verweser und Hauptmann
zu geben, der ihr mit Weisheit und Redlichkeit vorzustehen wisse und sie auch im Frieden
erhalten könne, auf daß dieser Mark mit ihren Landen und Leuten ein friedlicher und