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Darauf zogen Jason und Medea nach Korinth, wo sie bei 
dem Könige Kreon gastliche Aufnahme fanden. Zehn Jahre lebten 
sie daselbst in herzlicher Eintracht und genossen der Freuden, die 
ihnen ihre beiden Söhne bereiteten. 
Der König Kreon hatte aber eine Tochter, Kreusa mit Namen. 
Die war von lieblicher Gestalt und holdselig in ihren Sitten. Zu 
ihr entbrannte Jasons Herz in Liebe, und er gedachte, sich mit ihr 
zu vermählen, weil er dann zugleich hoffen durfte, das Königreich 
Kreons zu erben, der keinen Sohn hatte. 
Als Medea das erfuhr, irrte sie verzweifelnd in dem Palaste 
umher und rief: „Wehe mir! Möchte die Flamme des Himmels 
auf mein Haupt herniederzucken! Was soll ich länger leben? O 
Vater, den ich schimpflich verlassen, o Bruder, den ich grausam 
gemordet und dessen Blut nun über mich kommt! Aber nicht an 
meinem Gatten Jason war es, mich zu strafen, denn für ihn habe 
ich gesündigt." 
So rief sie in ihrem Jammer. Da begegnete ihr Kreon und 
befahl ihr, mit ihren Kindern die Stadt zu verlassen. Alle Bitten 
Medeas vermochten nicht, den Sinn des Königs zu ändern, und so 
bat sie endlich nur um einen einzigen Tag Aufschub, um einen 
Weg zur Flucht und ein Asyl für ihre Kinder zu wählen. 
So sehr aber hatte die Leidenschaft ihre Seele verblendet, 
daß sie nur darüber nachdachte, wie sie an dem ihr noch gewährten 
Tage Rache nehmen könnte an denen, die sie einst so sehr geliebt 
hatte und die sie nun so sehr haßte. 
Sie stellte sich ruhig und in ihr Schicksal ergeben, ging zu 
Jason und bat ihn, daß er wenigstens die Kinder bei sich behalte 
und nur sie allein ziehen lasse. „Damit aber", sprach sie, „die neue 
Gattin und ihr Vater dieses dulden, will ich das Herz der jungen 
Königstochter für die Kinder zu gewinnen suchen. Aus meiner 
Vorratskammer will ich goldene Gewänder holen, die sollen die 
Kinder Kreusa zum Brautgeschenk bringen." 
Jason war es zufrieden, und Medea holte ein Gewand und 
ein Diadem, daß es die Kinder der Braut überbrächten. Die Zau¬ 
berkräfte Medeas aber, die einst Jasons Glück begründet hatten, 
sollten es jetzt auch vernichten. Gewand und Diadem waren mit 
unheilbringenden Zaubersäften getränkt. 
Kreusa nahm erfreut die Geschenke an und versprach, die Kin¬ 
der bei sich zu behalten. Als sie aber das Gewand anlegte und 
das Diadem sich aufs Haupt setzte, züngelten plötzlich leuchtende 
Flammen an ihr empor. Auf Kreusas Geschrei und auf ihrer 
Dienerinnen Wehklagen eilte alsbald der König Kreon herbei, und 
als er sich verzweiflungsvoll neben seiner Tochter niederwarf, er¬ 
griffen die giftigen Flammen auch ihn und endeten sein Leben. 
Richter, Götter und Helden, 7. 4
	        
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