Full text: Bilder und Lebensbeschreibungen aus der Weltgeschichte

222 102. Luthers Leben bis zu seinem Eintritt ins Kloster. 
Werke gethan, als sie nötig gehabt hätten; alle diese überflüssigen guten Werke 
habe der Papst iu Verwahrung und könne sie denen verkaufen, die Mangel daran 
hätten. Wer aber weder selbst genug gute Werke gethan, noch Ablaß gekauft habe, der 
komme trotz feines Glaubens an Christum nach seinem Tode ins Fegefeuer und 
müsse dort lange brennen, ehe er in den Himmel eingehe. Doch könnten auch da 
die Hinterbliebenen ihm zu Hilfe kommen und durch Bezahlung von Messen und 
Ablaß seine Qual abkürzen. 
5. Heillgmöerehnmg. Fast noch mehr als das Gebet zu Gott empfahl 
mau den Christen die Anrufung der Heiligen, die sich dann bei Gott für sie ver¬ 
wenden würden (Heiligendienst). Auch die Gebeine der Heiligen müsse man 
verehren; in denselben stecke Wunderkraft (Reliquiendienst). Am allerhöchsten 
aber hielt man die Jungfrau Maria. Man nannte sie „Königin des Himmels" und 
widmete ihr eine Verehrung, die fast als Götzendienst erscheint (Mariendienst). 
6. Verbot bei* Biöel. Damit nun das Christcnvolk nicht erkenne, wie 
sehr die Kirche vom Worte Gottes abgewichen und in verderbliche Irrlehren und 
Mißbrauche verstrickt worden sei, verbot der Papst allen Laien, die 
Bibel zu lesen oder auch nur eine solche zu besitzen. Jeder, bei welchem eine 
Bibel gesunden wurde, war in Gefahr, wie ein Ketzer mit den ärgsten Strafen 
belegt zu werden. Luther hatte im Alter von 20 Jahren noch nicht einmal eine 
Bibel gesehen! Wenn nun dennoch fromme und gelehrte Männer, wie z. B. Jo¬ 
hann Huß, ihre Stimme gegen das eingeriffene Verderben erhoben, fo wurden sie 
als gottlose Ketzer verflucht und durch Bann und Scheiterhaufen unschädlich gemacht- 
Da konnte es ja nicht ausbleiben, daß Unwissenheit, Aberglaube und Sittenlosig- 
feit in erschreckender Weise um sich griffen und das arme Volk gefangen hielten. 
102. Luthers Leben bis ;u seinem (Eintritt ins 
Kloster. 
Die Geschichte unseres Volkes führt manchen Helden des Schwertes 
wie des Geistes an unserm geistigen Auge vorüber, dessen Leben und 
Wirken tiefe Spuren zurückgelassen hat; aber alle diese gekrönten und un¬ 
gekrönten Helden werden überragt von Martin Luther, dem armen Berg¬ 
mannssohn. Unter den Edelsten der deutschen Nation steht er da, wie 
Paulus unter den Aposteln: er hat mehr gearbeitet, denn sie alle — 
durch Gottes Gnade, die mit ihm war. 
1. Eisleüm; Mansfeld. Luthers Vater, Hans Luther, war eilt 
armer, frommer Bergmann in dem thüriugischeuDorfe Möhra (3 Meilen 
südlich von Eisenach). Im Jahre 1483 siedelte Hans Luther mit seiner 
Frau Margarete nach Eisleben (westlich von Halle) über, wo der Berg¬ 
bau in größerer Blüte stand. Hier wurde am 10. November 1483 den 
erfreuten Eltern der erste Sohn geboren, den sie tags darauf nach dem 
Kalenderheiligen des Tages Martin taufen ließen. Das war der Knabe, 
welchen Gott zu seinem auserwählten Rüstzeuge ersehen hatte. Schon 
nach einem halben Jahre verließen Luthers Elteru Eisleben wieder und
	        
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