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nach Afrika und baten die dortigen Wandalen, auf das Eigentums¬
recht zu verzichten. Man war geneigt, diesem Wunsche zu will¬
fahren; aber ein alter Häuptling erhob Einspruch und erinnerte
an die Vergänglichkeit und den Wechsel aller irdischen Dinge.
Infolgedessen verzichteten sie trotz der großen Entsernuug nicht
aus das Eigentumsrecht am heimischen Boden. — Als Alboin die
Langobarden nach Italien führte, schloß sich ihnen ein Sachsen¬
volk aus der Gegend des jetzigen Halberstadt an. Auch dies
sicherte sich vor dem Auszuge das Recht au der Heimat. Nach
vier Jahren kehrten die Auswanderer zurück, fanden aber ihre
verlassenen Gebiete von Sweben besetzt. Diese erkannten das
Recht der Sachsen an und boten ihnen nach germanischer Sitte
zuerst ein, daun zwei Drittel des Bodens an, aber die Heim¬
kehrenden forderten das ganze Land. Infolgedessen kam es zum
Kampfe, in dem so viele vernichtet wurden, daß beide Völker
nebeneinander Raum fanden.
Diese Beispiele lassen erkennen, wie die Auswanderer sich
niemals völlig von der Heimat lossagten und wie hoch sie den
Besitz von Land schätzten, und das ist wiederum ein Beweis, daß
sich das Leben der Germanen seit Jahrhunderten vorzugsweise
um Feldbau und Viehwirtschaft drehte.
% Die Germanen im Kampfe mit den Römern.
Infolge der Wanderungen kamen die Germanen in vielfache
Berührung mit den Römern und der südländischen Kultur, und
wie die Bildung des einzelnen Menschen zum großen Teil auf
dem Umgang mit andern beruht, so werden auch die Völker durch
gegenseitigen Verkehr in ihrer Entwicklung gefördert. Darum war
das Zusammentreffen mit den Römern für die Germanen von
großer Bedeutung. Die Berührungen zwischen beiden Völkern
waren doppelter Art. Germanische Jugendkraft maß sich mit
römischer Kriegskunst in furchtbaren Kämpfen, und daneben ent¬
wickelte sich zwischen den grundverschiedenen Nationen ein reger
friedlicher Verkehr. Wir lernen zuerst die Germanen im Kampfe
mit den Römern kennen.
a) Erster Zusammenstoß. Aus dem Duukel, das über der
germanischen Welt lag, traten zuerst die Kimbern heraus, als
sie im Jahre 113 v. Chr. in den Ostalpen, im Gebiet des heutigen