174 Kap. 24. § 124. Kais. Friedrich II. (Hof in Palermo. Bannfluch. Kreuzzug.)
seiner Wahl hatte geloben müssen, Nachsicht gewährte und ihn in seinem
mütterlichen Erblande ungestört walten ließ, das sich Friedrich zum Haupt¬
stützwerk seines aus ganz Italien gerichteten Herrscherplans zu machen
strebte. Ja, Honorius gestattete ihm sogar, die schon zum Kreuzzug ge¬
rüstete Flotte zur völligen Unterwerfung des seit Jnnocenz' Tode
unruhig gewordenen Siciliens zu verwenden.
Friedrich's II Hof zu Palermo war der Mittelpunkt eines reichen Lebens in
materieller und geistiger Beziehung. In erster Beziehung liebte er, wenn auch persön¬
lich nicht unmäßig, einen kostbaren Tisch und prächtig gekleidete Mohren, saracenische
Tänzer und Tänzerinnen, Sänger, Taschenspieler zc. Als Freund der Jagd., besonders
der Falkenjagd, beschäftigte er sich gern mit der Naturgeschichte der Vögel und Pferde
und schrieb in dieser Beziehung seine Beobachtungen nieder. Ein von ihm verfaßtes
Werk Über das Falkenbeizen besitzen wir noch heute. Auch hielt er reiche Tier¬
gärten, in welchen auch Giraffen waren. Aber auch das Ernste fand an seinem Hofe
eine Stelle, und unter Friedrich’s Vorsitz wurden die Werke der Gelehrten, Dichter und
Künstler geprüft, gelesen, dargestellt und der Sieger mit Kränzen belohnt. Er selbst
dichtete in italienischer Mundart und in selbst erfundenen Weisen und Versarten.
Sein Staatskanzler Peter de Vineis gilt für den Erfinder des Sonetts. Von seinem
Hofe ging eine große Einwirkung auf die Entwicklung der italienischen Sprache
aus. Auch die Wissenschaften liebte er: arabische Schriftsteller rühmen seine Kenntnisse
in der Philosophie und Mathematik, und von ihm selbst kennt man die Aeußerung:
„Ohne die Wissenschaft würde das Leben aller freisinnigen Leitung entbehren, durch sie
allein wird das Gefühl unserer Größe im Unglück erhalten!" — Von ihm wurde ge¬
rühmt, daß er sechs Sprachen redete: italienisch, lateinisch, deutsch, französisch, griechisch
und saracenisch.
Da Friedrich's erste Gemahlin Constanzia 1222 gestorben war, so vermählte et
sich 1225 mit Jolantha, der Tochter des Titular-Königs von Jerusalem, Johann
von Brienne, und beabsichtigte im gleichen Jahre dieses Erbe aus seinem Kreuzzuge
in Besitz zu nehmen: allein die Ausführung zog sich abermals hinaus.
Als daher nach Honorius' Tode Gregor IX, ein zwar schon 80jähriger,
aber an Tatkraft und Unbeugsamkeit Gregor VII ähnlicher Papst, Fried¬
rich's üppiges Leben, das er an seinem Hose zu Palermo führte,
mit Ernst rügte und ihn streng an den Kreuzzug mahnte, den er von Jahr
zu Jahr aufgeschoben hatte, war es bald mit dem Welt- und Kirchen¬
frieden aus. Friedrich betrieb ernstlich die Einschiffung; unter den
Kreuzfahrern brach eine böse Krankheit aus, die den Landgrafen von Tü¬
ringen und einige Bischöfe hinraffte; dennoch segelte Friedrich ab. Er war
schon zwei Tage auf der Fahrt, als er am dritten Tage selbst erkrankte
und bei Otranto wieder an's Land stieg. Darauf kehrten auch die übri¬
gen Pilger um, und nur etwa 800 Ritter landeten an der syrischen Küste.
Gregor erklärte Friedrich's Krankheit für Verstellung und sprach den
Bannfluch über ihn aus.
Hiermit war der Kampf zwischen Kaisertum und Papsttum auf's
neue eröffnet, und in Friedrich stellte sich fortan entschiedener und schnei¬
dender als je vorher die weltliche Macht der geistlichen gegenüber. Denn
weil der Papst in der Bannbulle den Kaiser einen falschen, ungehorsamen
und undankbaren Sohn der Kirche nannte, den sie als einen Basilisken an
ihrem Busen genährt habe, so hielt Friedrich seine wahre Gesinnung gegen
den römischen Stuhl nicht mehr zurück und suchte in seiner Rechtfertigungs¬
schrift denselben als den Ursprung und die Wurzel aller Uebel darzustellen,
der seine Hände nach Königreichen und Kaisertümern ausstrecke und die
ganze Welt verwirre, die daher recht tue, wenn sie sich zur Vernichtung