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geführte Kriege wußte er den Glanz des ersten Kaiserreiches wieder herzu¬
stellen. Solcher Glanz gefiel den ruhmsüchtigen Franzosen. Allein bald
wurden sie höchst unzufrieden mit der Regierung des Kaisers, der ihnen wenig
Freiheit gestattete und sie mit hohen Steuern drückte. Napoleon saß nicht
mehr fest auf seinem Throne; eine neue Revolution konnte ihm leicht schimpf¬
liche Absetzung bringen. Das beste Mittel zur Befestigung seiner Herrschaft
schien ein siegreicher Krieg mit dem verhaßten Preußen, dessen Waffenruhm
den französischen verdunkelte. Zugleich wollte man die Rhein grenze wieder
herstellen, d. h. alles Land auf dem linken Rheinufer, auch Luxemburg und
Belgien, an Frankreich bringen. So ward denn der Krieg gegen Preußen
beschlossen.
b. Kriegsvorwand. Ein Vorwand dazn war bald gefunden. Die Spanier
hatten 1868 ihre Königin Jsabella vertrieben und das Land in eine Republik
verwandelt. Doch wollte die Mehrheit des Volkes von der Republik nichts
wissen, sondern wieder einen König haben. Deshalb trug man 1870 dem
Prinzen Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen, einem entfernten
Verwandten des preußischen Königshauses, die spanische Königskrone an. Da
brach ein Sturm des Unwillens in Frankreich los. „Auch in Spanien ein
Hohenzoller? Nimmermehr!" so hieß es von allen Seiten. Die Franzosen
verlangten, König Wilhelm solle dem Prinzen die Annahme der Krone unter¬
sagen. Der König, der damals in Bad Ems zur Erholung weilte und gar
nicht wußte, wo Prinz Leopold sich augenblich aushielt, erwiderte, daß er zu
solch einem Verbote kein Recht habe. Dabei wollte sich jedoch der französische
Botschafter, Gaf Benedetti, nicht beruhigen. Da kam die Nachricht an,
Prinz Leopold habe aus eigenem Entschlüsse aus den spanischen Thron ver¬
zichtet, um Preußen nicht in einen gefährlichen Krieg zu verwickeln. Damit
schien der Kriegsvorwand beseitigt. Frankreich aber wollte den Krieg. Mau
war so unverschämt, vom Könige zu verlangen, er solle eine Art Entschul-
digungsbrief nach Paris schreiben, auch die bestimmte Versicherung geben, daß
er niemals einem Hohenzollern die Annahme der spanischen Königskrone ge¬
statten werde. Der König lehnte eine derartige Zumutung ab, und als Bene¬
detti immer dringender auf seine Forderung zurückkam, ließ ihn der König
abweisen, da er ihm nichts Neues zn sagen habe. Diese Abweisung ihres
Botschafters betrachtete die französische Regierung als Beleidigung des fran¬
zösischen Volkes und erklärte deshalb den Krieg an Preußen. Durch ganz
Frankreich, auf allen Straßen, in Hütten und Palästen lärmte man vom
Kriege, träumte von Sieg und Ruhm und prahlte von einem „Spaziergange
nach Berlin", um so mehr, da der französische Kriegsminister versichert hatte,
daß die Rüstungen bis auf den letzten Knopf vollendet seien.
c. Deutschlands kriegerische Erhebung. Sofort trat der König seine
Rückreise nach Berlin an, überall begrüßt von dem Jubel seines Volkes. In
den begeisterten Ruf zu den Waffen, der die preußischen Lande erfüllte, stimmte
ganz Deutschland ein. Die Franzosen hatten aus die alte Uneinigkeit
Deutschlands gehofft, hatten sich aber stark verrechnet. Ganz Deutschland er¬
hob sich wie ein Mann. Überall erklang die Wacht am Rhein. Die süd¬
deutschen Staaten stellten sofort ihre Truppen unter Preußens Befehle. „Mit
Begeisterung werden meine Truppen an der Seite ihrer ruhmgekrönten Waffen-
genossen für deutsches Recht und deutsche Ehre den Kamps aufnehmen!" so