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ohne Entscheidung. Um 2 Uhr unternahm Napoleon den ersten Gewaltstoß
gegen den Mt. St. Jean. Er wurde abgeschlagen; die englische Stellung
war sehr geschwächt. Da trat eine Pause ein; denn um 4 Uhr zeigten
sich im Südosten die ersten Preußen und griffen den rechten Flügel
Napoleons an. Um 5 Uhr erfolgte der zweite Gewaltstoß der französischen
Reiterei; er wurde abgewiesen. Um 6 Uhr stieß das zweite preußische
Korps zum linken englischen Flügel und half ihm den dritten Gewaltstoß
Napoleons abschlagen, den seine alten Garden ausführten. Unterdes kam
auch das dritte Korps der Preußen heran und durchbrach die französische
Stellung. Der Rückzug der Franzosen löste sich bald in wilde Flucht auf.
Wellington führte den Rest seines Heeres noch bis Belle-Alliance vor;
hier trafen und begrüßten sich Blücher und Wellington. Die Preußen
übernahmen die Verfolgung; die Franzosen hielten nirgends stand. Fast
wäre Napoleon selbst in Gefangenschaft geraten. — Blücher nannte die
Schlacht nach dem Gute Belle-Alliance, Wellington nach seinem letzten
Hauptquartier Waterloo; die Franzosen nennen sie nach dem Mont
Saint-Jean.
c) Der zweite Pariser Friede. Schon nach 20 Tagen zogen die
Preußen und Engländer in Paris ein. Diesmal quartierte Blücher seine
Feldtruppen bei den Bürgern der stolzen Hauptstadt ein. Ludwig XVIII.
kehrte zurück und wurde von den Franzosen als König eingesetzt. Bald
erschienen auch die verbündeten Monarchen, und so kam es zum zweiten
Pariser Frieden. Bestimmungen: 1. Frankreich erhält die Grenzen
von 1789; es tritt also nur Saarbrücken und Saarlouis an Preußen
und Landau an Bayern ab. Elsaß-Lothringen blieb bei Frankreich.
2. Frankreich zahlt eine Kriegsentschädigung von 700 Millionen Franks.
3. Es erhält fünf Jahre lang 150000 Mann Bundestruppen in seinen
Grenzfestungen. 4. Es gibt alle geraubten Kunstschätze heraus.
Wiederum hatten die Mißgunst Englands und Rußlands, die Gleichgültigkeit
Österreichs, sowie die Schlauheit Frankreichs verhindert, daß diesem größere Land-
abtretungen auferlegt wurden, während es doch stets seinen besiegten Gegnern
schwere Landverluste aufgezwungen hatte. Infolge dieser übermilden Behandlung
bildete sich bei den Franzosen die Anschauung heraus, daß Frankreich nach einer
Niederlage zwar mit Geldentschädigung, aber nie mit Landabtretung belegt
werden dürfe.
Napoleon hatte nach Amerika entfliehen wollen, mußte sich aber zu
Rochefort den Engländern übergeben. Auf Beschluß der Verbündeten
wurde er abermals abgesetzt und nach der Felseninsel St. Helena gebracht,
wo er als „General Bonaparte" noch sechs Jahre lebte. Er starb am