Full text: Vom Westfälischen Frieden bis zu Kaiser Wilhelm II. (Teil 3 = 7 [des Gesamtw.])

Ludwigs XIV. Devolutionskrieg gegen Spanien 1667—1668 9 
Mazarin blieb die eigentliche Seele der Monarchie bis zu seinem 
Tode 1661. 
In diesem Zeitraume setzten sich die Kämpfe gegen die Unbe¬ 
schränktheit der Krone fort: alle Unzufriedenen, der hohe Adel, die 
Mitglieder des Pariser Parlaments, die durch Steuern und Abgaben 
belasteten Bürger, vereinigten sich zum Widerstände gegen den Hof und 
seinen allmächtigen Minister. Ein jeder verfolgte in diesem Parteitreiben, 
das man mit dem unaufgeklärten Namen „Unruhen der Fronde" 
bezeichnet hat, seinen eigenen ererbten oder erworbenen Vorteil. Es 
handelte sich wohl auch hin und wieder um Versassungsfragen, aber dem 
Kampfe fehlte doch jene Großartigkeit der gleichzeitigen englischen 
Bewegung: „Alles war nur ein Spiel kleiner Hofränke gegen den 
Minister." Dieser kam auch wohl in die Lage, sich vor seinen Feinden 
für eine Zeit nach Deutschland (Brühl am Rhein) zurückzuziehen, aber 
nach seiner Rückkehr (1652) trug er doch den Sieg davon, und der 
Grundsatz Ludwigs XIV., der vielleicht nie ausgesprochen, aber dem 
Sinne nach wirklich vorhanden war: „L’Etat c’est moi“ konnte jetzt 
zur vollen Geltung gelangen. 
[Auswärtiges.] Gleichzeitig nahmen die auswärtigen Kämpfe 
gegen die habsbnrgifche Macht ihren glücklichen Fortgang: 1648 erfolgte 
im Westfälischen Frieden die Auseinandersetzung mit dem Deutschen 
Reiche (II. § 129), aber noch nicht mit Spanien. Erst als Mazarin 
mit Hilfe der Independenten Cromwells 1658 bei Dünkirchen gesiegt 
hatte, kam es 1659 zum Pyrenäischen Frieden, worin der Kamm 
der Pyrenäen als Grenze festgesetzt und fast ganz Artois nebst einigen 
Plätzen der spanischen Niederlande und Lothringens an Frankreich ab¬ 
getreten wurde; dagegen sollte der Prinz von Conde, der während der 
Unruhen der Fronde an die Spitze der spanischen Heeresmacht getreten 
war, in alle Ämter und Würden wieder eingesetzt werden, und, was 
für die Zukunft am wichtigsten war: Ludwig XIV. erklärte sich bereit, 
die spanische Infantin Maria Theresia, Philipps IV. Tochter, zur 
Gemahlin zu nehmen. 
Ludwigs XIV. Devolutionskrieg gegen Spanien 1667 bis 
1668. [Weltlage.] Ludwig übernahm nach Mazarins Tode selbst 
die Regierung und trat sofort mit dem Anspruch auf, wie er bei seinem 
Volke als Inbegriff aller Machtvollkommenheit galt, so auch unter allen 
Königen Europas die erste Stelle einzunehmen. Er war namentlich der 
Ansicht, daß das abendländische Kaisertum, das Erbe Karls des Großen, 
von Rechts wegen gar nicht den Deutscheu gebühre, sondern den Königen,
	        
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