Full text: Griechische Geschichte

Epammondas als Feldherr. 
299 
durch athenische Feldherrn die Kriegführung zu einer besondern, vieles 
Nachdenken und große Übung erfordernden Wissenschaft geworden war, ein 
vollendeter Feldherr. Und er war dies nicht bloß durch seine Geschicklich¬ 
keit und persönliche Tapferkeit, sondern auch vornehmlich durch die Gewalt, 
die er durch seinen Willen über seine Krieger übte. Tenophon selbst, der 
Geschichtschreiber dieser Zeit, welcher, um den von ihm bewunderten Age- 
silaus desto mehr hervorzuheben, den edeln Thebaner möglichst in den 
Schatten stellt, muß es als etwas Großes anerkennen, daß Epaminondas 
seine Krieger, das rohe böotische Volk, so sehr zu begeistern wußte, daß 
dieselben unter ihm, mochten sie auch Tag und Nacht auf dem Marsche 
oder sonst zn den außerordentlichsten Anstrengungen veranlaßt sein, keine 
Ermattung empfanden und jeder Zeit ihm freudig gehorchten, auch wenn 
Hunger uud Entbehrungen jeder Art ihnen zusetzten. Sie waren des Sie¬ 
ges unter seiner Führung gewiß; ja die Arkadier selbst wollten iu der 
Schlacht bei Mantinea als seine Leute betrachtet werden und malten auf 
ihre Schilde die Keule, das Zeichen der Thebaner. Niemals kam unter 
seiner Leitung über ein Heer jener plötzliche Schrecken, den man im Alter¬ 
tum den panischen genannt hat, ungeachtet er der abergläubischen Furcht 
der Seinen nicht immer nachgab. Als vor der Schlacht bei Leuktra aller¬ 
lei widersprechende Orakelsprüche ins Lager kamen, von denen die einen 
den Sieg, die andern dagegen eine Niederlage für Theben verkündigten, 
ließ er die ungünstigen links, die Glück weissagenden Sprüche aber rechts 
von dem erhöhten Sitze niederlegen, den er einnahm, und sprach dann zu 
den Seinen: wenn ihr euren Hauptleuten gehorcht und frisch auf deu 
Feind losgeht, so gelten euch diese hier; die andern, wenn ihr zaghaft im 
Gefechte seid. Und als einmal beim Anmarsch gegen den Feind ein Don¬ 
nerschlag seine Krieger erschreckte und diese ihn fragten, was derselbe wohl 
bedeuten möge, antwortete er unbedenklich: der Donner gelte dem Feinde. 
Er verdiente dieses unbegrenzte Vertrauen durch Redlichkeit, Wahrhaftig¬ 
keit, Uneigennützigkeit: man wußte, daß er nichts für sich, sondern nur 
das Beste seiner Stadt wollte. Die Überlegenheit seines Geistes aber ver¬ 
dankte er vornehmlich, wie vordem Perikles, seiner wissenschaftlichen Bildung. 
Gelehrte Beschäftigungen waren seine Freude: man sah ihn in düsterem 
Nachsinnen umhergehen, während seine Mitbürger nach ihrer Weise bei einem 
Feste schmausten und zechten; und da man ihn fragte, warum er allein 
keinen Anteil nehme, erwiderte er: darum, damit sie alle wohlgemut 
trinken können. Und der kühne Feldherr, der für sich selbst keine Scho¬ 
nung kannte, bewahrte in der rauhen Kriegsarbeit ein gefühlvolles Herz:
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.