Epammondas als Feldherr.
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durch athenische Feldherrn die Kriegführung zu einer besondern, vieles
Nachdenken und große Übung erfordernden Wissenschaft geworden war, ein
vollendeter Feldherr. Und er war dies nicht bloß durch seine Geschicklich¬
keit und persönliche Tapferkeit, sondern auch vornehmlich durch die Gewalt,
die er durch seinen Willen über seine Krieger übte. Tenophon selbst, der
Geschichtschreiber dieser Zeit, welcher, um den von ihm bewunderten Age-
silaus desto mehr hervorzuheben, den edeln Thebaner möglichst in den
Schatten stellt, muß es als etwas Großes anerkennen, daß Epaminondas
seine Krieger, das rohe böotische Volk, so sehr zu begeistern wußte, daß
dieselben unter ihm, mochten sie auch Tag und Nacht auf dem Marsche
oder sonst zn den außerordentlichsten Anstrengungen veranlaßt sein, keine
Ermattung empfanden und jeder Zeit ihm freudig gehorchten, auch wenn
Hunger uud Entbehrungen jeder Art ihnen zusetzten. Sie waren des Sie¬
ges unter seiner Führung gewiß; ja die Arkadier selbst wollten iu der
Schlacht bei Mantinea als seine Leute betrachtet werden und malten auf
ihre Schilde die Keule, das Zeichen der Thebaner. Niemals kam unter
seiner Leitung über ein Heer jener plötzliche Schrecken, den man im Alter¬
tum den panischen genannt hat, ungeachtet er der abergläubischen Furcht
der Seinen nicht immer nachgab. Als vor der Schlacht bei Leuktra aller¬
lei widersprechende Orakelsprüche ins Lager kamen, von denen die einen
den Sieg, die andern dagegen eine Niederlage für Theben verkündigten,
ließ er die ungünstigen links, die Glück weissagenden Sprüche aber rechts
von dem erhöhten Sitze niederlegen, den er einnahm, und sprach dann zu
den Seinen: wenn ihr euren Hauptleuten gehorcht und frisch auf deu
Feind losgeht, so gelten euch diese hier; die andern, wenn ihr zaghaft im
Gefechte seid. Und als einmal beim Anmarsch gegen den Feind ein Don¬
nerschlag seine Krieger erschreckte und diese ihn fragten, was derselbe wohl
bedeuten möge, antwortete er unbedenklich: der Donner gelte dem Feinde.
Er verdiente dieses unbegrenzte Vertrauen durch Redlichkeit, Wahrhaftig¬
keit, Uneigennützigkeit: man wußte, daß er nichts für sich, sondern nur
das Beste seiner Stadt wollte. Die Überlegenheit seines Geistes aber ver¬
dankte er vornehmlich, wie vordem Perikles, seiner wissenschaftlichen Bildung.
Gelehrte Beschäftigungen waren seine Freude: man sah ihn in düsterem
Nachsinnen umhergehen, während seine Mitbürger nach ihrer Weise bei einem
Feste schmausten und zechten; und da man ihn fragte, warum er allein
keinen Anteil nehme, erwiderte er: darum, damit sie alle wohlgemut
trinken können. Und der kühne Feldherr, der für sich selbst keine Scho¬
nung kannte, bewahrte in der rauhen Kriegsarbeit ein gefühlvolles Herz: