sah er, wie der Pöbel die Schweizergarde hinschlachtete. 
Einen von diesen rettete er vor den Bluthunden aus 
Marseille. „Kamerad aus dem Lüden, laß uns diesen 
armen Tropf retten," rief er einem Marseiller zu. „Bist 
du aus dem Süden?" — „Ja." •— „Gut, wir wollen 
ihn retten." Dem in tiefer Melancholie das Leben ein 
Ekel war, hier machte er seine Schule durch. Auch er hatte 
rousseauisch geschwärmt, auch er hatte von der Freiheit 
der Völker geträumt, für die Freiheit seines geliebten 
Korsika mit der revolutionären Trikolore gehofft, gekämpft 
und gelitten, auch er war für die jakobinischen Freiheits¬ 
helden des Konvents und der Straße begeistert gewesen 
wie alle geistvollen Männer im alten Europa. Jetzt hatte 
er mit seinen kühlen Augen die Helden seines Ideals 
gesehen und ihre Heldentaten auf der Gasse geschaut. 
Was hatte er gesehen? An seinen Bruder ßucian. schrieb 
er: „Diejenigen, welche an der Spitze stehen, sind arm¬ 
selige Leute; man muß gestehen, wenn inan dies alles 
aus der Nähe sieht, daß die Völker kaum der Mühe wert 
sind, die man sich macht, um ihre Gunst zu erwerben. Du 
kennst die Geschichte von Ajaccio; die von Paris ist genau 
dieselbe; vielleicht sind die Menschen hier noch kleiner, 
noch boshafter, noch größere Verleumder und Nörgeler. 
Man muß die Dinge aus der Nähe sehen, um zu merken, 
daß der Enthusiasmus — Enthusiasmus ist, und daß die 
Franzosen ein alt gewordenes Volk sind ohne Sehnen 
und Muskeln." Jetzt fallen ihm die Ideale. So ging 
es auch anderen; auch anderen starb die Begeisterung und 
oft die Begeisterungsfähigkeit in dem Wust von Gemein¬ 
heit, den die entfesselten Leidenschaften der Vorstadtgassen 
aufwühlten. Aber den anderen, den in Frankreich Ge¬ 
borenen blieb doch immer noch das Vaterland, an dessen 
endlichem Geschick sie irgendeinen Anteil nahmen. Er 
hatte kein Vaterland. Korsika war ihm zerronnen, die 
Familie Bnonaparte war ans der Heimat verbannt; ein 
anderes Vaterland, auch in Frankreich, hatte er nie be¬ 
sessen. So blieb nur die Erkenntnis, daß niedrige und 
gemeine Triebe den Menschen leiteten, die Führer, um 
aus dem Chaos für sich allein Ehren und Macht zu er-
	        
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