)
Fortgang der Reformation. 63
aus, vornämlich in Oberschwaben, Franken, Sachsen, Hessen,
und den Rheinlanden. Die vberschwäbifchen Bauern lics-
sen in 12 Artikel ihre Forderungen zusammenfassen, und
erboten sich, was nach dem Wort Gottes als unrecht er¬
wiesen würde, zurückzunehmen. Sie verlangten für jede
Gemeinde das Recht, ihren christlichen Lehrer selbst zu
wählen, Abschaffung der Zehnten, der Leibeigenschaft, An-
theil an Jagd, Vogel - und Fischfang, da Gott dem Men¬
schen Gewalt gegeben habe über alle Thicre, freie Benü¬
tzung der Wälder, oder vertragsmäßige billige Uebcrlas-
sung des Holzbedarfs, Abschaffung des Todfalls, wodurch
ein Theil des Erbes der Herrschaft anheimfiel, und die
Zusicherung, daß alte Abgaben niemals erhöht werden
sollten. Die 12 Artikel sammt einer weitern Schrift
übergaben sie an den schwäbischen Bund und schlugen den
ErzherzogFerdinand und denChurfürsten Friedrich zuSchicds-
richtern vor, baten auch Luther«, einen Ausspruch darüber
zu thun. Dieser befand sich in großer Verlegenheit;
doch ließ er an Fürsten und Bauern eine Vermahnung
ausgehen, worin er den ersten sehr ernste und kräftige
Wahrheiten über ihre Regierungsweise sagte. Frcilich
stellte er die Bedrückung des Evangeliums als den haupt¬
sächlichsten Anlaß der Unruhen dar, und gab eben damit
selbst einen nähern Zusammenhang zwischen seiner Unter¬
nehmung und dem Bauernaufstände zu. „Ihr müßt an¬
ders werden,» sagt er ihnen, „und Gottes Worte weichen.
Thut Ihr es nicht durch freundliche, willige Weise, so
müßt Ihr es thun durch gewaltige und verderbliche Ver¬
weise. Thuns diese Bauern nicht, so müssen cs Andre
thun. Es sind nicht die Bauern, die sich wider Euch
setzen: Gott ists selber, der setzt sich wider Euch, heimzu¬
suchen Eure Wütherei." Nachdem er den Großen ins
Gewissen geredet, spricht er den Bauern mit so freund¬
lichen Worten zu, daß es scheinen könnte, als scy er