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man die Angehörigen des ritterlichen Standes. Die kostbarsten
Pelzsorten waren der schwarze Zobel, der weiße Hermelin,
das Pantherfell, der s c h i n ä t, wohl ein Robbenpelz. Mit
dem Glanz der Stoffe wetteiferte der Glanz der Edelsteine, mit
denen man sie besetzte.
Nach der Toilette besuchte die Frau die Frühmesse,
dann nahm sie das Frühstück ein, an dieses schloß sich der
Empfang vonBesuchen in der Kemenate. Ein solcher ist
S. 137 (Werbel und Swemmel bei Ute) geschildert. Andere
Beispiele enthalten die Volksepen: wie Kriemhild den
Gunther und Siegfried empfängt, denen sie zur
Fahrt nach dem Isenstein kostbare Kleider arbeiten soll, ferner
wie sie den Siegfried empfängt, der als Bote die Besie¬
gung der Brunhild meldet, den Hagen vor der Jagd, den Sieg¬
mund vor seiner Heimkehr nach Siegfrieds Tod, den Rüdiger
(Brautwerbung). In der Gudrun wird uns anschaulich geschil¬
dert, wie die Frauen in Hägens Burg den Wa t e u n d
Frute empfangen, wie Hilde den Sänger Horand, wie
Gudrun den Hartmut und Ortwin wegen ihrer Verlobung
mit Hildburg, beziehungsweise Ortrun empfängt, im Parzival
(405 f.), wie Antikonie den Gawan empfängt. Die nächsten Ver¬
wandten betreten unangemeldet die Kemenate, Fremde werden
durch einen Verwandten oder Kämmerer eingeführt. Die Frau
legt prächtige Kleider an, erhebt sich mit ihren Hofdamen zu
Ehren des eingetretenen Gastes, geht ihm entgegen, begrüßt ihn,
fragt ihn nach seinem Begehr, ladet ihn zum Sitzen ein und nimmt
selbst Platz, um seinen Auftrag oder Wunsch anzuhören. Dann
beurlaubt sie ihn. Charakteristisch ist hierbei der Ümstand, daß
die Frau den Mann zuerst grüßt; die höfische Zucht gab es
völlig dem Ermessen der Frau anheim, ob sie einen Mann des
Grußes würdigen sollte. Der Mann mußte bescheiden warten, bis
ihm der Gruß geboten wurde, und dann hatte er nur durch Ver¬
neigen zu danken. Durch diesen Gruß bezeigte ihm die Frau ihre
Achtung, und diese sollte gerade der Ritter zu erringen sich
bemühen. Deshalb gibt Ilerzeloide ihrem Sohn Parzival beim
Abschied die Lehre mit auf den Weg, stets um Weibes Gruß zu
werben, und W alter von der V ogelweide sang in seinem
Gedicht „Deutschland über alles“ (ir suit sprechen willekomen).
er wolle das Lob der deutschen Frauen verkünden, und begehrt
als einzigen Sängerlohn, daß sie ihn hold grüßen.
Der Empfang solcher Gäste war eine Abwechslung in dem